Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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Sie spielt mit <strong>de</strong>n Vettern haschen. Durch <strong>de</strong>n Park hinunter zum See wie die wil<strong>de</strong> Jagd.<br />
Herrmann ist nicht einzuholen, sosehr sich Joachim und Henriette auch anstrengen. Und<br />
Friedrich, <strong>de</strong>r Älteste zwar, aber sehr behäbig, bleibt weit zurück.<br />
Gemessenen Schritts folgt Joseph Janke, <strong>de</strong>r junge Hauslehrer, ein <strong>Buch</strong> in <strong>de</strong>r Hand, ein<br />
zufrie<strong>de</strong>nes Lächeln im Gesicht. Die Kin<strong>de</strong>r spüren seine Zufrie<strong>de</strong>nheit, spüren, dass er sie<br />
heute nicht stören wird beim Herumtollen, nicht mit lateinischen Exerzitien, nicht mit<br />
französischer Konversation; <strong>de</strong>r Zusammenhang zwischen seiner zeitweiligen<br />
Ungefährlichkeit und <strong>de</strong>r Ausfahrt <strong>von</strong> Baron und Baronin ist ihnen unklar, wäre ihnen<br />
gleichgültig.<br />
Auch Halina wird sie nicht belästigen, nicht einmal beaufsichtigen. Sie spielt mit ihrem<br />
einjährigen Adam, ruft ihn mit fremd klingen<strong>de</strong>n Kosenamen, bittet ihn mit liebevollem<br />
zweisprachigen Gestammel um Verzeihung für alle vergangenen und noch bevorstehen<strong>de</strong>n<br />
Einsamkeiten. Und Adam kräht glücklich. Man hört sein Krähen im Park nicht.<br />
Man hört ein Aufklatschen und einen Aufschrei, bei<strong>de</strong>s aus <strong>de</strong>m Schilf.<br />
Die <strong>Bernsdorf</strong>junker und das Henriettchen stehen erschrocken still, starren zum See.<br />
Prädikant Janke fährt <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Bank hoch, auf die er sich gera<strong>de</strong> gesetzt hat. <strong>Das</strong> <strong>Buch</strong><br />
noch in <strong>de</strong>r Hand, läuft er mit Schuhen ins Wasser, kommt, ein triefen<strong>de</strong>s, sich sträuben<strong>de</strong>s<br />
Bün<strong>de</strong>l im Arm, zurück, sorgfältig bemüht, das <strong>Buch</strong> nicht zu ver<strong>de</strong>rben. Es fällt ihm dann<br />
doch aus <strong>de</strong>r Hand, als er seinen Fund absetzt - ohne ihn loszulassen freilich -, es blättert<br />
auf: ein Werk Emanuel Swe<strong>de</strong>nborgs, <strong>de</strong>s Mystikers aus Schwe<strong>de</strong>n.<br />
Bist du nicht <strong>de</strong>r Marten-Michael?<br />
Nicken. Schniefen.<br />
Und was hast du zu suchen, dort, im Schilf?<br />
Schweigen.<br />
Kannst du nicht re<strong>de</strong>n?<br />
Ich kann.<br />
Und willst nicht sagen, was du zu suchen hattest im Schilf?<br />
Nein. <strong>Das</strong> heißt - doch. Nichts hatte ich dort zu suchen.<br />
Aha!<br />
<strong>Das</strong> klingt drohend - trotz<strong>de</strong>m: Janke ist ratlos. Denn was soll er tun? Den Jungen<br />
durchprügeln. <strong>Das</strong> täte <strong>de</strong>r Baron. Mit seinem Knotenstock. Eigenhändig. Also wird er,<br />
Joseph Janke, es nicht tun. Aber es wird sich nicht verheimlichen lassen, dass hier jemand<br />
eingedrungen war, man wird sich rechtfertigen müssen ...<br />
Er sieht seine Zöglinge an; Neugier<strong>de</strong>, Scha<strong>de</strong>nfreu<strong>de</strong>, ein wenig hochmütige Herablassung.<br />
Frierst du? Bist du aber nass! sagt Henriette.<br />
Er muss sich umziehen, sagt Joachim.