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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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an<strong>de</strong>ren, die nicht sauber und unbestechlich waren, die ein Geschäft aus <strong>de</strong>r Revolution<br />

machten o<strong>de</strong>r ein Theaterspiel ...<br />

Und heute verachtest du ihn, Joachim?<br />

Robespierre? Natürlich nicht, Henriette. Ich bewun<strong>de</strong>re ihn nach wie vor. Und bedaure ihn.<br />

<strong>Das</strong>s er zugrun<strong>de</strong> ging - gehen musste.<br />

Unsicher sagte sie: Aber musste <strong>de</strong>nn aus <strong>de</strong>iner Begeisterung für die Neufranken nun so<br />

ein Franzosenhass wer<strong>de</strong>n, Joachim? Ja, sagte er unwillig. Denn dies Volk war <strong>de</strong>r Freiheit<br />

nicht würdig, was hat es aus <strong>de</strong>r Freiheit gemacht? Ein gut florieren<strong>de</strong>s Geschäft,<br />

Henriette. Schacher, Betrug, Korruption, Konkurrenz, Welteroberung. Restlos alles haben<br />

sie zum Verkauf angeboten: Waren und Weiber, Gewissen und Glauben, Himmel und Er<strong>de</strong>.<br />

Sogar die Er<strong>de</strong>, Henriette, und das machen wir ihnen nun nach, durch das Oktoberedikt<br />

wird auch bei uns das Land käuflich. Sogar die Religion, Henriette. Gott als Privatbesitz -<br />

das sind die Franzosen, nichts ist heilig geblieben, nichts. Begreifst du, darum sagte ich<br />

gestern zu dir: Katholisch müsste man wer<strong>de</strong>n. Alle Deutschen katholisch. Und ein starker<br />

<strong>de</strong>utscher Kaiser, ein neuer Barbarossa. Und dann die Franzosen hinter <strong>de</strong>n Rhein<br />

getrieben. O<strong>de</strong>r noch weiter. Alles an<strong>de</strong>re fän<strong>de</strong> sich, käme dann <strong>von</strong> selbst. Was? Eine<br />

<strong>de</strong>utsche Revolution zum Exempel. Eine <strong>de</strong>utsche, wohlgemerkt, eine Revolution mit<br />

Vernunft und Menschenliebe, eine Revolution durch die Kunst. Hast du mein <strong>Buch</strong> schon<br />

gelesen, Henriette?<br />

Sie hatte ihm staunend zugehört, ungläubig - seit wann hat er solche Gedanken, wie kommt<br />

er dazu - manches schien ihr vernünftig, was er sagte, manches war ihr so fremd, dass es<br />

ihr wi<strong>de</strong>rstrebte, darüber nachzu<strong>de</strong>nken: katholisch ...<br />

Nein, sagte sie, noch nicht, nur hineingesehen. Es sind schöne Verse. Nur - ich vertrag sie<br />

jetzt nicht; so viel Nacht ist darin und so viel To<strong>de</strong>ssehnsucht, Joachim. Wie verträgt sich<br />

das mit <strong>de</strong>inen Träumen vom Krieg gegen die Franken? Weißt du, was ich bisher gelesen<br />

habe, das ist so, wie Mariannes letzte Briefe waren. <strong>Das</strong> machte mir Angst - Angst,<br />

weiterzulesen, und Angst um dich.<br />

Nun legte er ihr <strong>de</strong>n Arm um die Schulter, sie hatte das Frem<strong>de</strong> fortgere<strong>de</strong>t, das so lange<br />

zwischen ihnen gestan<strong>de</strong>n hatte, fortgere<strong>de</strong>t mit einem Namen. Die Angst um mich ist<br />

unnötig, sagte er leise, <strong>de</strong>nn ich hab das geschrieben, um zu leben und nicht, um zu<br />

sterben. Wofür leben - das sagte ich gera<strong>de</strong>, natürlich verträgt sich das miteinan<strong>de</strong>r.<br />

Marianne, siehst du, hat unsere Enttäuschung über die Franken nicht verwun<strong>de</strong>n. Und war<br />

nicht so stark, die Liebe in Hass zu verwan<strong>de</strong>ln und dabei weiterzuleben, <strong>de</strong>nke ich.<br />

Sie schob seinen Arm beiseite, sah ihn lange an, fremd und forschend.<br />

Was ist, Henriette?<br />

So einfach siehst du das also, sagte sie langsam. Wie wenig du sie kanntest. Wie macht ihr<br />

Männer das nur - uns zu lieben, ohne uns zu kennen?<br />

Er hörte <strong>de</strong>n Unterton voll Bitterkeit, sah auch ihren frem<strong>de</strong>n Blick, fragte unsicher: Wie soll<br />

ich das nun verstehen, Henriette?

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