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Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de

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wissen, du warst eine Frau. Und <strong>de</strong>r Bund <strong>de</strong>r Freimaurer, obwohl er laut freimaurerischem<br />

Gesetzbuch „Alte Pflichten“, erschienen 1723, arbeitet „an <strong>de</strong>r Errichtung <strong>de</strong>s auf Weisheit,<br />

Stärke und Schönheit gegrün<strong>de</strong>ten Tempels <strong>de</strong>r allgemeinen Menschenliebe“, ist ein Bund<br />

<strong>von</strong> Männern. Obwohl? Nein - weil. Denn: „Männer machen die Geschichte, und<br />

Freimaurerei ist Männerarbeit.“ Fürwahr. Ihr Schutzpatron heißt Johannes, <strong>de</strong>r biblische<br />

Johannes, <strong>de</strong>r ihnen gilt als „die Verkörperung <strong>von</strong> freudigem Gehorsam, strenger<br />

Wahrhaftigkeit, mannhaften Mutes, <strong>de</strong>mütiger Beschei<strong>de</strong>nheit, religiöser Hingabe“. Darum<br />

beginnt mit seinem Geburtstag das Freimaurerjahr. Und wenn nun zwei aufrichtige<br />

Freimaurer und Freun<strong>de</strong> ihren insgeheim lange gehegten, niemals ausgesprochenen<br />

Wunsch in Erfüllung gehen sehen: sich über ihre Kin<strong>de</strong>r noch enger zu verbin<strong>de</strong>n als vorher -<br />

wann sonst, wenn nicht am Johannistag, wer<strong>de</strong>n sie die Hochzeit feiern wollen? Mit Rosen,<br />

versteht sich, mit vielen Rosen, die zum Johannisfest gehören, die ihnen Symbol sind für<br />

Schönheit, Jugend, Freu<strong>de</strong> und Verschwiegenheit. Erwähnten wir schon, dass auch <strong>de</strong>r<br />

Baron zu diesem Bund gehört? Doch, auch er. (Und warum nicht - sogar sein König nennt<br />

sich Freimaurer.) Jedoch - es wäre Wilhelm <strong>von</strong> <strong>Bernsdorf</strong> äußerst unangenehm gewesen,<br />

hätten sein Pastor und sein Küster ihn mit <strong>de</strong>m gewissen Hän<strong>de</strong>druck begrüßt, an <strong>de</strong>m sich<br />

die Maurer erkennen. Und sie taten das auch nie. Nur einmal, am Abend dieses<br />

Johannistages, versuchte einer <strong>von</strong> ihnen, <strong>de</strong>n Baron an gewisse Gemeinsamkeiten,<br />

Brü<strong>de</strong>rlichkeiten, Verpflichtungen zu erinnern.<br />

Der Geist <strong>de</strong>r wahren, reinen Menschenliebe, gnädiger Herr Baron, sagte da Mathias<br />

Schulz, ist Richtschnur für alles freimaurerische Tun. Maurer streben nach <strong>de</strong>r<br />

harmonischen Bildung <strong>de</strong>s einzelnen und nach harmonischer Gestaltung <strong>de</strong>r Gesellschaft,<br />

durch Erziehung, durch gemeinsames Tun, durch unser Vorbild. Gnädiger Herr Baron, ich<br />

flehe Euch an, wie vereinbaren sich damit diese Privilegien? Mit welchem Recht vergeht Ihr<br />

Euch gegen die Menschenwür<strong>de</strong>? Be<strong>de</strong>nkt doch, was Ihr tun wollt, gnädiger Herr Baron!<br />

So re<strong>de</strong>te Mathias Schulz, und ihm war heiß dabei, nicht nur vor Erregung, nicht nur aus<br />

Angst um seine Tochter. Ihm war durchaus bewusst, dass er zum ersten Mal gegen das<br />

Recht <strong>de</strong>s Barons auf die erste Nacht auftrat, dass er es möglicherweise auch jetzt noch<br />

nicht täte, ginge es nicht um Sophie Schulz und Heinrich Marten. Und die Scham darüber<br />

setzte ihm zu und ließ ihn Worte fin<strong>de</strong>n, zu <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Mut allein nicht ausgereicht hätte.<br />

Sein Freund Jakob Marten, bleich und angstvoll neben ihm stehend, war trotz<strong>de</strong>m<br />

unzufrie<strong>de</strong>n mit ihm. Er hätte - und das versuchte er sofort, als Schulz erschöpft verstummte<br />

-, er hätte das Problem lieber juristisch behan<strong>de</strong>lt und nicht moralisch: We<strong>de</strong>r Pfarrer noch<br />

Küster sind erbuntertan. We<strong>de</strong>r Hauslehrer noch Kin<strong>de</strong>rmädchen - freiwillig <strong>von</strong> Pfarrer und<br />

Küster <strong>de</strong>m Baron in Dienst gegeben, min<strong>de</strong>rjährig bei<strong>de</strong> - gehören zum Gesin<strong>de</strong>. Ergo:<br />

<strong>Das</strong> Recht <strong>de</strong>r ersten Nacht trifft hier nicht zu. Kannst du dich <strong>de</strong>nn nicht bezähmen, Freund<br />

Schulz, dachte Marten, musst du nun unbedingt, was du all die Jahre nicht tatest, <strong>de</strong>m<br />

Baron dies Recht ganz und gar absprechen? Womit du ihn nur um so hartnäckiger machen<br />

wirst ...<br />

<strong>Das</strong> alles weiß Dorothea nicht so genau. <strong>Das</strong> wissen überhaupt nur die Toten - Mathias<br />

Schulz, Jakob Marten, Sophie Marten. Und Heinrich Marten - aber wo ist <strong>de</strong>r?

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