Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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nämlich manchmal, die bei<strong>de</strong>n Alten, die wür<strong>de</strong>n sich wohl freuen, wenn sie das alles noch<br />
erlebt hätten, nicht?<br />
Michel nickte heftig. Ja, sagte er, das hab ich auch oft gedacht, in Frankreich.<br />
Nu erzähl mal endlich was, sagte August. Wie bist du überhaupt weitergekommen <strong>von</strong><br />
Stettin? Und hast du diesen Heinrich Marten getroffen, <strong>de</strong>inen ..., na ja, <strong>de</strong>inen Vater? Und<br />
<strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Frau Susanna, diesen Andreas Suhrbier, kennst du <strong>de</strong>n? Und was hast<br />
du in Paris gemacht? Und - warum bist du nicht eher zurückgekommen und - ohne diese<br />
Uniform?<br />
Michel dachte: Also doch. Die Uniform stört ihn doch. Warum re<strong>de</strong>n wir <strong>von</strong> alten<br />
Geschichten, obwohl wir über heute und morgen zu re<strong>de</strong>n hätten? Aber vielleicht re<strong>de</strong>n wir<br />
schon lange über heute und morgen ..., weil wir nacheinan<strong>de</strong>r suchen. Wer bist du, August<br />
Lemke? frage ich. Und er fragt mich: Wer bist du, Michel Marten? Und bei<strong>de</strong> wissen wir: Es<br />
reicht nicht, zu sagen, ich bin ich. Obwohl das viel ist, falls es die Wahrheit trifft.<br />
Na? fragte August verwun<strong>de</strong>rt. Magst du nicht da<strong>von</strong> re<strong>de</strong>n?<br />
Doch, doch, sagte Michel. Also immer <strong>de</strong>r Reihe nach, zuerst Stettin. Da lungerte ich ein<br />
paar Tage im Hafen herum, lernte schließlich ein paar Matrosen kennen, <strong>de</strong>ren Schiff in <strong>de</strong>n<br />
nächsten Tagen nach Lübeck auslaufen sollte, mit ihrer Hilfe konnte ich mich auf <strong>de</strong>n Segler<br />
schmuggeln. Von Lübeck ging ich zu Fuß nach Hamburg. <strong>Das</strong> dauerte Wochen, <strong>de</strong>nn ich<br />
arbeitete unterwegs für Brot und Nachtlager bei <strong>de</strong>n Bauern. Es war Erntezeit. <strong>Das</strong> war ein<br />
schwüler Sommer in diesem Jahr siebzehnhun<strong>de</strong>rtzweiundneunzig, erinnerst du dich,<br />
August? Immerfort eine brüten<strong>de</strong> Hitze, und dann diese schweren Gewitter. Aber das<br />
schlimmste Gewitter brüten sie jetzt in Mainz aus, hörte ich manchmal sagen. Überall<br />
munkelten die Leute <strong>von</strong> einer großen Offensive gegen Frankreich. Bei <strong>de</strong>n tagelangen<br />
Feierlichkeiten zu Ehren Franz I., <strong>de</strong>s neuen Kaisers, in Mainz, so sagten sie, wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
große Vorstoß gegen die Franken endgültig beschlossen wer<strong>de</strong>n. Ein Manifest habe <strong>de</strong>r<br />
Herzog <strong>von</strong> Braunschweig in die Welt geschickt, in <strong>de</strong>m er ihnen Tod und Ver<strong>de</strong>rben<br />
versprach, Paris solle <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n gleichgemacht wer<strong>de</strong>n. Aber sie sagten auch, diese<br />
Bauern und Tagelöhner und Handwerker, mit <strong>de</strong>nen ich zusammenkam: Wenn die<br />
Herrschaften sich man nicht verrechnen. Und: Wie man in <strong>de</strong>n Wald hineinruft, so schallt’s<br />
heraus. Und solche Re<strong>de</strong>nsarten. Ganz sicher wer<strong>de</strong> man diesen Krieg noch am eigenen<br />
Leibe zu spüren bekommen. Und je<strong>de</strong>r müsse sehen, so schnell wie möglich seine<br />
Scheunen zu füllen.<br />
Es wur<strong>de</strong> August, da sah ich Hamburg in <strong>de</strong>r Ferne, da lief ich wie verrückt, dachte: Find<br />
ich heut <strong>de</strong>n Heinrich Marten? In meiner Einfalt nahm ich wirklich an, <strong>de</strong>r Heinrich Marten<br />
habe die ganze Zeit in Hamburg gesessen und auf mich gewartet ... Bevor ich noch<br />
irgendjeman<strong>de</strong>n in Hamburg kennengelernt hatte, wusste ich schon die große Neuigkeit,<br />
<strong>de</strong>nn an allen Straßenecken wur<strong>de</strong> da<strong>von</strong> gere<strong>de</strong>t: Da hatten die Franzosen die Tuilerien<br />
gestürmt und ihren Ludwig abgesetzt und die Republik ausgerufen. Ich fragte mich durch<br />
zum Kaufmann Suhrbier. Zunächst schien das eine einfache Sache zu sein, je<strong>de</strong>r kannte <strong>de</strong>n<br />
Namen, je<strong>de</strong>r wollte mir <strong>de</strong>n Weg zeigen. Ja, <strong>de</strong>r Suhrbier, sagten manche, das sei ein<br />
rechter Kerl! <strong>Das</strong> erste Freiheitsfest in Hamburg, am ersten Jahrestag <strong>de</strong>r Revolution, das