Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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Anhängern, verschwin<strong>de</strong> aus meinem Haus, Henri, sie wer<strong>de</strong>n dich sonst holen, und ich<br />
müsste mit dir auf die Guillotine!<br />
Michel und Andreas springen auf, raffen ihre Sachen zusammen, Andreas möchte sich<br />
beeilen, aber er ist wie gelähmt, nur quälend langsamer Bewegungen fähig, und die Angst<br />
schnürt ihm die Kehle zu. Vor ihm ist Heinrich Martens Gesicht, kommt ihm näher und näher,<br />
flackern<strong>de</strong>, schwarze, irre Augen; Andreas will ihnen ausweichen, aber wohin er sich auch<br />
wen<strong>de</strong>t, überall trifft ihn dieser Blick: anklagend, aber auch ratlos fragend, trifft ihn bis ins<br />
Innerste; es fällt ihm schwer, sich <strong>von</strong> seinem Richterstuhl zu erheben und die Verhandlung<br />
zu eröffnen. Denn in Mainz ist er jetzt, und auf <strong>de</strong>r Anklagebank dieser zerlumpte, halbirre,<br />
verzweifelte Mensch - eben hat er Heinrich Marten in ihm erkannt. Und weiß, dass auch er<br />
erkannt wur<strong>de</strong>. <strong>Das</strong>s ein großer Teil <strong>de</strong>r wahnsinnigen Verzweiflung in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>s<br />
Angeklagten <strong>von</strong> diesem Erkennen herrührt.<br />
Da <strong>de</strong>nkt er angestrengt: Ich träume. Ich träume nur. <strong>Das</strong> ist lange vorbei. Ich habe<br />
Freispruch erwirkt. Und Haftentlassung. Ich habe mich auch bemüht, nach <strong>de</strong>m Prozess<br />
etwas über ihn in Erfahrung zu bringen, es ist doch nicht meine Schuld, dass er spurlos<br />
verschwun<strong>de</strong>n war. Vielleicht im Rhein. Vielleicht. Ich hab ihm mein Stückchen Fahne<br />
nachgeworfen ...<br />
Da war er schon an <strong>de</strong>r Schwelle zum Erwachen, da sagte er zu sich: Nicht lügen, Andreas.<br />
Du hast ihm nicht <strong>de</strong>n Fetzen nachgeworfen. Son<strong>de</strong>rn du hast dich <strong>von</strong> einem Teil <strong>de</strong>iner<br />
Vergangenheit befreien wollen. Und du wolltest dich gegen die Anklage in seinem Blick<br />
auflehnen. Und du hattest doch recht damit?<br />
Ja, ich hatte recht, sagte er leise vor sich hin, die Frage auslöschend, <strong>de</strong>nn er war nun ganz<br />
wach, da beherrschte er wie<strong>de</strong>r sein Gewissen, das im Traum, nur im Traum, ihn<br />
beherrscht hatte.<br />
Da schlug die Uhr halb, halb acht, und es wur<strong>de</strong> lebendig im Schloss. Der alte Suhrbier,<br />
schlaflos seit Langem, sagte: So gut wie du, nicht wahr, so gut möchte ich auch noch mal<br />
schlafen können! Aber was hast du da eben gesagt - wobei hattest du recht?<br />
Ich weiß auch nicht, sagte Andreas, was ich hier so zusammenträume.