Das Mirakel von Bernsdorf - Demo - Buch.de
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Er merkt nicht, dass er in <strong>de</strong>r Erregung zum Du übergegangen ist. Sie verbirgt ihre Freu<strong>de</strong>.<br />
Übertreibst du nicht?<br />
Ein wenig übertreibt er, sagt Andreas.<br />
Der Georg Forster ist hier <strong>de</strong>r einzig Aufrechte und allein auf weiter Flur, sagt Joachim<br />
hitzig.<br />
Na, na, sagt Andreas. Natürlich übertreibst du. Lei<strong>de</strong>r ist aber auch vieles so, wie du sagst,<br />
warum wollten wir sonst nach Paris?<br />
Vielleicht überlegst du es dir noch und kommst mit?<br />
Joachim schüttelt <strong>de</strong>n Kopf. Nichts da, sagt er. Jetzt schon gar nicht. Und ich war ja in<br />
Paris. Habe gesehen, was ich sehen wollte. Habe auch dort nur Eigennutz und Lei<strong>de</strong>nschaft<br />
gefun<strong>de</strong>n, wo ich Größe erwartete, nur Worte statt Gefühl, nur Theater und große Auftritte<br />
statt wirklichen Seins und Wirkens. Nein, nein, mein Kin<strong>de</strong>rglaube war Täuschung, aber geht<br />
ihr nur und täuscht euch, solange ihr könnt.<br />
Da hat Marianne mit <strong>de</strong>m Auspacken aufgehört und starrt ihn an.<br />
Joachim, mein Gott, sagt sie, du verallgemeinerst doch <strong>de</strong>ine zufälligen Erfahrungen, du<br />
warst doch nur ein paar Tage dort, du wirst schon noch einmal hinfahren müssen, mit mir<br />
nämlich, verstehst du? Nimmst du <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>n Franken übel, dass sie ihren Ludwig guillotiniert<br />
haben?<br />
Joachim schüttelt <strong>de</strong>n Kopf. <strong>Das</strong> war ihr gutes Recht, sagt er. Auch wenn ich nicht gera<strong>de</strong><br />
Freu<strong>de</strong>ntänze <strong>de</strong>swegen aufführe. Nein, das ist es nicht.<br />
Und was <strong>de</strong>nn? Hast du <strong>de</strong>nn abgeschworen - <strong>de</strong>n Menschenrechten, <strong>de</strong>r Freiheit,<br />
Gleichheit, Brü<strong>de</strong>rlichkeit, Joachim?<br />
Nein, nein, ruft er gequält, natürlich nicht, wie sollte man <strong>de</strong>nn sonst leben, Marianne?<br />
Und er schweigt hinfort, sieht ihr zu, <strong>de</strong>r Marianne, wie sie ihre Staffelei aufstellt, wie sie mit<br />
Selbstverständlichkeit <strong>von</strong> seinem Zimmer Besitz ergreift, hört kaum, was Andreas sagt -<br />
auch er sei schon in Paris gewesen, es sei ganz erklärlich, dass die Ereignisse aus <strong>de</strong>r<br />
Ferne an<strong>de</strong>rs aussähen als in <strong>de</strong>r Nähe, man dürfe aber die Einmaligkeit dieser Ereignisse<br />
nicht aus <strong>de</strong>m Auge verlieren, müsse sich gewissermaßen auch für die Nähe <strong>de</strong>n<br />
„Fernblick“ zu erhalten verstehen. Denn schließlich, trotz aller traurigen, ja<br />
verabscheuungswürdigen Begleiterscheinungen könne man nicht leugnen, dass die großen<br />
I<strong>de</strong>ale mit Selbstverständlichkeit in die Wirklichkeit übertragen wür<strong>de</strong>n. Und du wirst sehen,<br />
Joachim, ruft Andreas, was diese Nation noch zustan<strong>de</strong> bringt, als freie, als entschlossene<br />
Nation, als kluge und begeisterungsfähige Nation. Lass nur diese Franzosen einen<br />
Alexan<strong>de</strong>r haben, dann wird ganz Europa seine Beute wer<strong>de</strong>n!<br />
Und das wäre zu wünschen, Herr Suhrbier? fragt Marianne erschrocken.<br />
Gewiss nicht, sagt Andreas, aber wie wäre es zu verhin<strong>de</strong>rn? Doch nur durch eine <strong>de</strong>utsche<br />
Revolution, durch eine <strong>de</strong>utsche Republik, die sich mit <strong>de</strong>r französischen verbün<strong>de</strong>t, o<strong>de</strong>r?<br />
Auf die <strong>de</strong>utsche Republik, sagt da Michel Marten und hebt sein Glas. Und auf unser