Nachlese 662. Tagebuch A) NACHLESE ZUR BUNDESTAGSWAHL ...

wäre unser toter punkt. über diesen springenden punkt kämen wir
nicht hinaus - er würde uns zu "des pudels kern". je schwächer der
Michel wird, desto stärker wird er
NITRIBIT: 30 tage schon lebt er ohne essen? brrr, mir wird übel
bei dem blossen gedanken, nur einen halben tag ohne gute
nahrung lebenzusollen. na, noch ist nicht aller tage abend. so
schnell verhungert keiner, wenn nebenan im Petersberger Hotel
das schönste essen dampft.
PRÄLAT: vorsicht, vorsicht! was ein mensch ganz für sich allein
nie zuwegebrächte - das bringt er häufig fertig, tut er es vor aller
welt.
NITRIBIT: (zeigt aufs fernsehen und aufs fenster) die welt
siehtzu - zwischen teater und wirklichkeit nur eine hauchdünne
scheibe; und die ist längst eingeschlagen. nun so ein
scherbengericht!
SPRECHER: unaufhörlich nahen neue menschenmassen,
ergiessensich inrichtung Petersberg. sie nahen mit gedämpftem
trommelschlag, kommen wie in prozessionen.
NITRIBIT: bald schon rankensich um den heldenjüngling die
fantastischsten balladen. für die volksfantasi ein gefundenes
'fressen': ein nicht-essender Michel!
SPRECHER: soeben verlässt exzellenz, der päpstliche nunzius
'Fischer' das Petersberger Hotel, besteigt bereitgestellten BMW. er
hat für die unkristlichkeit des rewoluzionärs Michel keinen blick,
geschweige ein wort übrig. - eminenz gehen an dem glaskasten
wortlos vorüber.
FUCHS: guten tag die herren! nette bescherung, was? Michel
ist auf seine art ein recht eigenartiger glamour boi. Sie sehen, der
allerletzte modeschrei: ein glaskasten und ein hungerkünstler.
kunst geht nicht länger mehr nach brot, das hungern wird zur
höchsten aller künste - an publikum mangelt es keineswegs.
PROTZEL: wahrhaftig nicht. Fuchs, Sie? Gottlob, kundiger
stratege, der Sie sind, um himmels willen, welches geschütz
können wir auffahren?
PRÄLAT: je lautloser jetzt geschossen wird, desto wirksamer will
mir scheinen ist das geschoss.
FUCHS: genaul offensichtlich kommt es jetzt nicht mehr darauf an,
wer am lautesten schreit: wer das meiste papier, die kräftigste
druckerschwärze, die stärksten rundfunk- und fernsehsender
zurverfügunghat - das alles ist wie schweigen im vergleich zur
lautstärke dieses 'liedes ohne worte', das uns Michel
vorzuzwitschern im begriffe ist.
PROTZEL: der narr hat einen vogel.