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Zur Politischen Ökonomie des gegenwärtigen Imperialismus ...

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I. Philosophie 107<br />

lichen Gehalt besitzen; Erziehung als Konstituens eines Systems <strong>des</strong><br />

Wissens wäre dann eine Form <strong>des</strong> von M. Adler so genannten erkenntnistheoretischen<br />

,Sozialaprioris'. — Die Einstimmigkeit ihrer<br />

Interpretation erkauft die Autorin in<strong>des</strong>sen oft durch ein allzu<br />

schnelles Hinweggleiten über die objektiven Schwierigkeiten ihrer<br />

Texte. Sie verwandelt den Fichteschen Erkenntnisbegriff kurzerhand<br />

in einen ,Begriff vom Menschen' und deutet die transzendentale Analyse,<br />

wie sie die Wissenschaftslehre in der ersten Periode beherrscht,<br />

in Anthropologie um. Was bei Fichte Momente eines Prozesses sind,<br />

stellt Schindler, obwohl sie auf der Unabschließbarkeit <strong>des</strong> Prozesses<br />

insistiert, am Ende still, indem sie es zu ewigen Data eines Menschen<br />

an sich hypostasiert. Mit Hilfe einer unkritischen, hinter den<br />

Stand der Forschung zurückfallenden Vorstellung von der Einheit<br />

der Fichteschen Philosophie wird das absolute Ich <strong>des</strong> jungen Fichte<br />

mit dem Gottesbegriff der Spätschriften gleichgesetzt. Die Gleichsetzung<br />

erlaubt, der bloßen Faktizität als ,Verendlichung <strong>des</strong> Absoluten'<br />

eine Dignität anzuschaffen, die dann zur Rechtfertigung eines<br />

Weltlaufs dient, den Fichte gerade zu verändern suchte. So vermag<br />

die Autorin menschliche Praxis auf eine herunterzubringen, die nur<br />

noch das „Wissen über den Gesetzes- und Ordnungszusammenhang<br />

der Welt" in der Empirie möglichst geschickt anwendet, die „wahre<br />

Welt" aber „dem allem vorausliegenden Sein Gottes" (88) überläßt.<br />

Der zu erziehende Mensch — für die Autorin: „der Zögling" — „soll<br />

sich also auf Grund seiner Vernunft die Gesetze, welche in der<br />

menschlichen und staatlichen Gemeinschaft notwendig gelten müssen,<br />

selbst geben und so die bereits geschehene positive Gesetzgebung<br />

noch einmal nachvollziehen" (144). Im deutschen Idealismus<br />

allerdings bedeutete Autonomie nicht just das. „Aus dieser Einsicht<br />

erfolgt die freiwillige Anerkennung und Bejahung <strong>des</strong> Staates und<br />

seiner Gesetze" (ebd.). Fichte jedoch war Sozialist und wollte den<br />

Staat abschaffen. Er war, jedenfalls während der neunziger Jahre,<br />

weniger überzeugt davon, daß der existierende Rechts- und Gesellschaftszustand<br />

.notwendig gelten müsse', als manche Pädagogen<br />

heute es sind.<br />

Die Arbeit von Pohl, im wesentlichen eine Inhaltsanzeige der<br />

drei Fichteschen Vorlesungszyklen über Bestimmung und Wesen <strong>des</strong><br />

Gelehrten, spielt gegen den Parteigänger der Französischen Revolution<br />

<strong>des</strong>sen spätere Wandlung zum autoritären Ontologen offen aus.<br />

Zum Teil verfällt das Frühwerk Fichtes dem antiaufklärerischen<br />

Verdikt, in den Grenzen eines „kulturellen Fortschrittsglaubens" (72)<br />

befangen zu sein, teils werden Gedanken aus den späten Erlanger<br />

und Berliner Texten über Stock und über Stein den Schriften der Jenaer<br />

Zeit imputiert. Daß das nicht ohne Merkwürdigkeiten abgeht,<br />

nimmt angesichts <strong>des</strong> Wortlauts der letzteren nicht wunder: bestimmte<br />

Fichte 1794 als .letzten Endzweck <strong>des</strong> Menschen', „alles Vernunftlose<br />

sich zu unterwerfen, frei und nach seinem eignen Gesetze es<br />

zu beherrschen", so wird daraus bei seinem Interpreten die Forderung,<br />

der Mensch habe sich gefälligst „in Harmonie mit dem<br />

Sein im Ganzen" (11) zu stellen. Alles — und es ist nicht

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