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Zur Politischen Ökonomie des gegenwärtigen Imperialismus ...

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IV. Soziale Bewegung und Politik 139<br />

das sich anschickte, seine Ausplünderung der Kolonien mit der<br />

„humanistischén" Mission zu rechtfertigen. In<strong>des</strong>: die europäische<br />

Kolonisation entmenschlichte nicht nur den Kolonisierten, sie arbeitete<br />

auch daran, „den Kolonisator zu entzivilisieren, ihn im wahren<br />

Sinne <strong>des</strong> Wortes zu verrohen" (10). Durch die fatale Dialektik der<br />

kolonialen Welt wird das zivilisierte Europa, das die „Buschneger"<br />

zivilisieren zu wollen vorgibt, selbst zum Busch. Césaire zeigt, wie<br />

der kolonialistische Rassenhochmut „das Gift in die Adern Europas<br />

infiltriert ... und die langsame, doch sichere Verwilderung <strong>des</strong> Kontinents<br />

ihren Lauf nimmt" (11).<br />

Einen naiven Fortschrittsglauben lehnt Césaire ab und damitjeden<br />

darwinistisch interpretierten Marxismus. Er stellt Europa, wie<br />

schon Rosa Luxemburg, vor die Alternative: Sozialismus oder Barbarei.<br />

„Die Rettung Europas ist ... Sache der Revolution: jener, die<br />

der engherzigen Tyrannei einer entmenschten Bourgeoisie in Erwartung<br />

der klassenlosen Gesellschaft die Vorherrschaft der einzigen<br />

Klasse substituieren wird, die noch einen universalen Auftrag zu<br />

erfüllen hat, denn sie allein leidet unter allen Übeln der Geschichte,<br />

allen universalen Übeln: das Proletariat" (75 f.).<br />

Césaire versteht seine Schrift als Angriff auf die bürgerlichen Ideologen<br />

und ihren Pseudohumanismus. „Feg sie weg, all die Verdunklungsstrategen,<br />

die Erfinder von Ausflüchten, die Scharlatane der<br />

Mystifikation, die Kauderwelsch-Manipulatoren" (40). Vor ihnen<br />

will er die vom Kolonialsystem zerstörten „höfischen" afrikanischen<br />

Kulturen rehabilitieren. „Meine Sache ist die uneingeschränkte Apologie<br />

unserer Negerkulturen" (36). Doch anders als die Verfechter<br />

der alten Negerkulturen à la Senghor will Césaire diese nicht verherrlichen,<br />

den Weg zu einer künftigen freien Gesellschaft nicht versperren;<br />

er will keine Reduplikation der alten Gesellschaften: „Das<br />

überlassen wir den Amateuren <strong>des</strong> Exotismus" (36). Für Césaire,<br />

wie später für Fanon, hat die Rehabilitierung der zerstörten Kulturen<br />

die Funktion, den Kolonisierten selbst zu rehabilitieren, seine<br />

kulturelle Identität wiederherzustellen.<br />

Die moderne bürgerliche Ideologie interpretiert Césaire als die<br />

einer untergehenden Klasse, die die „Wissenschaft" heranzieht, um<br />

ihren Irrationalismus zu rechtfertigen. Es ist die bürgerliche Ideologie<br />

in der imperialistischen Periode: die der „Zerstörung der Vernunft".<br />

Césaire geht es darum, die Heuchelei der bürgerlichen Kritiker<br />

der nationalsozialistischen Barbarei zu entlarven. Diese waren<br />

niemals über die Verbrechen <strong>des</strong> Kolonialsystems entrüstet. Césaire<br />

betont emphatisch, daß die bürgerlichen Kritiker <strong>des</strong> Nationalsozialismus<br />

seine Komplizen waren, ehe sie seine Opfer wurden, „daß<br />

man diesem Nazismus Vorschub geleistet hat, bevor man von ihm<br />

heimgesucht wurde, daß man ihn freigesprochen, daß man beide<br />

Augen vor ihm zugedrückt, daß man ihn legitimiert hat, weil er bisher<br />

nur auf nichteuropäische Völker Anwendung fand" (11). Was das<br />

imperialistische Bürgertum Hitler nicht' verzeiht, ist „nicht das Verbrechen<br />

an sich, das Verbrechen am Menschen an sich, sondern daß<br />

es das Verbrechen gegen den weißen Menschen ist, daß es die De-

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