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Zur Politischen Ökonomie des gegenwärtigen Imperialismus ...

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10 Günther Anders<br />

Nach Alsops Schilderung stellt sich der Mechanismus, der die tägliche<br />

Auswahl der Themen und Thesen der Nixonschen Wahlreden<br />

bestimmt, so dar: Wenn das Opinion Poll Institute am Montag ausgefunden<br />

hatte, daß eine beträchtliche Zahl der Ausgefragten den<br />

„Zusammenbruch von Gesetz und Ordnung" den Gerichtshöfen der<br />

Vereinigten Staaten zuschreibe, dann teilt Nixon in seiner Dienstagrede<br />

den Ausgefragten diese sinnlose Erklärung als seine eigene<br />

glühende Überzeugung mit'. Wenn das Institut am Dienstag eruiert<br />

hat, daß in den Augen der Befragten der besagte angebliche „Zusammenbruch"<br />

durch „organized crime" verschuldet worden sei, dann<br />

predigt Nixon diesen Unsinn — wie gesagt: wiederum denjenigen,<br />

von denen er stammt — am Mittwoch. Wenn am Mittwoch das Institut<br />

festgestellt hat, daß ein eindrucksvoller Prozentsatz der Bevölkerung<br />

die (in Amerika zahlenmäßig beinahe inexistenten) Kommunisten<br />

für den angeblichen „Zusammenbruch" verantwortlich macht,<br />

dann klagt Nixon in seinen Donnerstagsreden die Kommunisten an<br />

— kurz: stets gibt er der Kuh diejenige Milch zu saufen, die man ihr<br />

eben abgemolken hatte, und stets empfiehlt er sich dieser Kuh auf<br />

Grund dieser Lieferung als ihr bester und verläßlichster Fürsorger 8 .<br />

— Natürlich wird man einwenden, was er da tue, das sei nichts<br />

anderes, als was alle Produzenten täten, da diese dem Publikum<br />

eben dasjenige lieferten, was <strong>des</strong>sen Wünsche erfülle. Die Analogie<br />

ist <strong>des</strong>halb falsch, weil es ja — was heute bereits allbekannt ist •—<br />

gar nicht zutrifft, daß Produzenten primär die Wünsche <strong>des</strong> Publikums<br />

berücksichtigen. Wahr ist ja vielmehr, daß sie erst einmal, oder<br />

min<strong>des</strong>tens gleichzeitig mit der Erzeugung ihrer Produkte, die Bedürfnisse<br />

<strong>des</strong> Publikums erzeugen — und zwar nach Maß, d. h. : den<br />

Hunger nach denjenigen Produkten, die sie vorrätig haben oder die<br />

sie anzubieten planen. In diesem Sinne darf man freilich zugeben,<br />

muß man sogar zugeben, daß sich Nixons Prozedur von den üblichen<br />

8 Natürlich gilt genau dasselbe von seinem Gegenspieler Humphrey.<br />

„Hubert Humphrey", lesen wir, „hat schon alles gesagt: Er hat liberale<br />

und nichtliberale Standpunkte vertreten; er hat die Verständigung mit<br />

der Sowjetunion befürwortet und den Kalten Krieg gepredigt. Er hat als<br />

Senator das Kommunisten-Kontrollgesetz von 1954 eingebracht und Toleranz<br />

gepredigt. Er hat Amerikas Weltpolizistenrolle verteidigt und erklärt,<br />

daß Amerika nicht die Weltpolizistenrolle übernehmen dürfe. Und<br />

nach dem demokratischen Kongreß in Chicago hat er die faschistoide Polizeirepression<br />

<strong>des</strong> Bürgermeisters Daley an einem Tage getadelt, am nächsten<br />

gerechtfertigt und am dritten Tag als .unamerikanisch' verurteilt.<br />

Humphrey ist, mit einem Wort, ein Firmendirektor, der sofort und ohne<br />

Zeitverlust auf Marktforschungsberichte aller Art reagiert." (Hans Fleig,<br />

„Chicago als Ereignis", in „Stimme der Gemeinde" No. 19.) — Wenn dem<br />

so ist, dann stellt also das Ringen um die Präsidentschaftsposition keinen<br />

Kampf zwischen zwei Vertretern verschiedener politischer Tendenzen dar,<br />

sondern einen Kampf zwischen Poll Institutes — was schon gespenstig<br />

genug ist, aber geradezu absurd wirkt, wenn man bedenkt, daß sich (s. o.)<br />

die Ergebnisse der diversen Forschungsinstitute gewöhnlich nur unbeträchtlich<br />

voneinander unterscheiden.

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