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Zur Politischen Ökonomie des gegenwärtigen Imperialismus ...

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III. Psychologie 129<br />

über sich selbst zurückzugeben—so lange als sinnvoll und vertretbar<br />

bezeichnen, wie dieses Heilen im Bewußtsein eines Widerspruches<br />

geschieht: daß man — aus berechtigter soziologischer Sicht — am<br />

Symptom kuriert hat und zur umfassenden Kausaltherapie <strong>des</strong>sen<br />

gesellschaftliche Vermittlung berücksichtigen müßte? Es ist allerdings<br />

die Frage, ob diese theoretische Überlegung — die Aufgabe<br />

der Vermittlung von Psychoanalyse und Soziologie — sich im Hier<br />

und Jetzt praktisch niederschlagen kann und wie und ob überhaupt<br />

psychoanalytische Therapie und Theorie diese Leistung, das gesellschaftlich<br />

vermittelte Moment von Erkrankung und von Therapie<br />

<strong>des</strong> einzelnen zu berücksichtigen, erbringen können. Hier scheint<br />

einer der Soziologismen der Kritiker zu liegen: Sie betrachten unter<br />

ihrem berechtigten gesellschaftskritischen Aspekt Krankheit nur als<br />

Symptom der in der Gesellschaft herrschenden Repression, gewissermaßen<br />

als Zeichen einer — allerdings wesentlich auf Gesellschaft<br />

verschobenen — „Sünde", vernachlässigen darüber aber das reale<br />

Leiden eines Subjektes. Sie subsumieren dieses reale Leiden unter<br />

ihr theoretisches Interesse und rechtfertigen es von dort her, indem<br />

sie es als sinnvoll hinstellen: je mehr Leid, <strong>des</strong>to deutlicher wird<br />

diese spezifische Weltsicht bestätigt. In dieser methodisch betriebenen<br />

Vereinseitigung der Perspektive liegt ebensosehr der Vorteil, die<br />

gesellschaftliche Vermittlung von Krankheit restlos herauszuschälen<br />

wie auch die Gefahr <strong>des</strong> Nachteils: ihr schon angesprochenes Naturmoment<br />

(und ihre individuelle Vermittlung) doch noch aus den Augen<br />

zu verlieren.<br />

Solange die Macht der Verhältnisse die Subjekte zu unverhältnismäßiger<br />

Ohnmacht verurteilt, muß an der Heilpraxis der Psychoanalyse<br />

doch wohl festgehalten werden. Was aber nicht heißt: die<br />

Spuren der Deformation auch theoretisch zu vernichten! Die Pose<br />

<strong>des</strong> Leidens und <strong>des</strong> Leidenlassens zu verklären, wie es den Kritikern<br />

mehrfach gefällt, ist jedoch inhuman; als sozialistisch wird sie schwerlich<br />

auszuweisen sein. Rätselhaft bleibt in diesem Sinne, wieso es gut<br />

sein soll, wenn jemand in der Unfreiheit seiner Krankheit belassen<br />

wird, bei dem sich das Deformierte naturhaft, an sich, durchsetzt.<br />

Wer braucht denn solche Zeichen für das Irrationale in unserer Gesellschaft<br />

und wofür? Ich halte es für illusionistisch und politisch<br />

falsch, jenen, die im von Studenten besetzten Frankfurter Rektorat<br />

„vögelten", tendenziell zu bestätigen, sie hätten sich im Sinne sozialistischer<br />

Politik wahrscheinlich klüger verhalten als der dagegen<br />

protestierende Mitscherlich (91). Es ist offen, welche Bedürfnisse beim<br />

Vögeln im besetzten Rektorat befriedigt wurden. Aber wenn sie<br />

zwangshaft dort befriedigt werden mußten, fehlte jenem Akt das<br />

Maß an Freiheit, welches allem antiautoritären Verhalten fehlt. Zwar<br />

hat dieser nicht umgangssprachliche Protest gegen die Unterdrückimg<br />

oder Nichtbeachtung aller möglichen Bedürfnisse vielleicht eine wichtige<br />

Symbolfunktion, aber damit konnte man in der genannten Situation<br />

ebensowenig Politik machen wie mit dem bloßen Protest<br />

Mitscherlichs dagegen; dieser ist ebenso bedauerlich wie die unpolitisch<br />

wirkende Verklärung; letzteres ist einfach linker Kitsch. Solange

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