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Zur Politischen Ökonomie des gegenwärtigen Imperialismus ...

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III. Psychologie 133<br />

„Trieb" wird als unwissenschaftlich verworfen. Sigmund Freud wird<br />

unterm Stichwort „Sexualismus" abgehandelt. W. F. Haug (Berlin)<br />

Müller, Hermann: Kassen und Völker im Denken der<br />

Jugend. Vorurteile und Methoden zu ihrem Abbau. Ernst Klett<br />

Verlag, Stuttgart 1967 (153 S., Linson, 6,50 DM).<br />

In diesem Buch, das ein Beitrag zum Problem der politischen Bildung<br />

sein soll, beschreibt der Autor ein Experiment, das 1962 in zweiundzwanzig<br />

Frankfurter Schulklassen durchgeführt wurde: Die Schüler<br />

(12—16 Jahre alt) wurden über ihr Bild von sieben Völkern befragt,<br />

während der folgenden vier Wochen fand neben dem normalen<br />

Unterricht ein sogenannter Experimentalunterricht, der nur die Neger<br />

behandelte, statt. Dann folgte eine zweite Befragung mit den gleichen<br />

Fragebogen; diese zweite Befragung ergab, daß die Jugendlichen<br />

jetzt im ganzen differenzierter beziehungsweise positiver (urteilten.<br />

Müller glaubt nach diesem Experiment feststellen zu können, daß<br />

es im politischen Unterricht unter Anwendung der Methode <strong>des</strong> ethischen<br />

Appells und/oder der Methode der sachlichen Information möglich<br />

sei, Vorurteile der Schüler zu beseitigen. Daß das beschriebene<br />

Experiment diesen Schluß zuläßt, muß allerdings bezweifelt werden.<br />

Obwohl sich die Arbeit mit Vorurteilen befaßt, werden die bisherigen<br />

Ergebnisse der Vorurteilsforschung nur im Rahmen der „Fragestellung"<br />

andeutungsweise erwähnt, für die Durchführung und Auswertung<br />

<strong>des</strong> Experimentes bleiben sie ohne jegliche Konsequenzen. Für<br />

Müller sind Vorurteile gesellschaftlich bedingt; „gesellschaftlich bedingt"<br />

heißt hier allerdings nur: durch das Leben in oder die Beziehungen<br />

zu einer bestimmten Gruppe vermittelt. Warum aber in einer<br />

bestimmten Gruppe ganz bestimmte Vorurteile herrschen, bleibt unerörtert.<br />

So ist es z. B. bezeichnend, daß nach der Voruntersuchung die Juden<br />

als „ungeeignet" aus dem eigentlichen Experiment ausgeschieden<br />

werden, da die Jugendlichen über die Juden nur begrenzte Aussagen<br />

machen und ein Tabu deutlich zu spüren ist. Die Neger dagegen werden<br />

als die für den Experimentalunterricht geeignetste Gruppe ausgesucht,<br />

und zwar <strong>des</strong>halb, weil die Skala der Beurteilungen hier<br />

relativ breit und das Problem genügend aktuell ist. Vorausgesetzt, das<br />

Negerproblem sei für den Durchschnittsbun<strong>des</strong>republikaner <strong>des</strong> Jahres<br />

1962 tatsächlich „aktuell" gewesen, hätte sich der Autor — unter<br />

Berücksichtigung der Psychologie <strong>des</strong> Vorurteils — min<strong>des</strong>tens zwei<br />

Fragen stellen müssen: 1) Handelt es sich hier vielleicht nur um eine<br />

scheinbare Aktualität, hat die Beschäftigung mit diesem Problem,<br />

gerade weil man es im Grunde weit genug entfernt wähnt, nicht möglicherweise<br />

eine ähnliche psychische Entlastungsfunktion wie die Beschäftigung<br />

mit den Crime- und Sexgeschichten eines bestimmten<br />

Pressetyps? 2) Hat das Negerproblem für die Deutschen nicht vielleicht<br />

die Funktion eines Alibis, d. h. wird nicht möglicherweise das<br />

Judenproblem <strong>des</strong>to perfekter und müheloser verdrängt, je „aktueller"<br />

ein anderes Rassenproblem ist?

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