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Zur Politischen Ökonomie des gegenwärtigen Imperialismus ...

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<strong>Imperialismus</strong> und, Kampf dagegen 29<br />

lichkeit den Wehr- bzw. Kriegsdienst zu verweigern (was freilich<br />

einen Streik im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes darstellt), haben sie<br />

nämlich keine Streikchance. Da sie noch nicht integriert und noch<br />

funktionslos sind, füllen sie keine Posten und keine Leistungen aus,<br />

die sie verweigern und durch deren Verweigerung sie Druck ausüben<br />

oder eine Bedrohung darstellen könnten. Zwar streiken die<br />

Studenten zuweilen wirklich, aber solches Streiken hat stets etwas<br />

beklemmend Unwirkliches an sich. Denn wenn sie ihre Vorlesungen<br />

nicht besuchen, dann bleibt das eben nur (ganz undialektisch) ein<br />

Nichtbesuch von Vorlesungen, ihre Unterlassung hat nicht die Kraft,<br />

sich in einen echten Streik zu verwandeln. Da sie als Studierende<br />

keine Arbeit im ökonomischen Sinne leisten und keine bestimmte<br />

Stelle im Apparat einnehmen, also keine Stellung bekleiden, gibt es<br />

auch nichts, was sie durch Nichtarbeiten abstellen könnten. Ihr<br />

Nichtarbeiten bringt kein Licht zum Erlöschen, hindert kein Brot<br />

daran, gebacken zu werden; und hatte es noch vor Jahrzehnten geheißen:<br />

„alle Räder stehen still", so bringt ihr Streik kein einziges<br />

Rad zum Stillstand. Kurz: Wenn sie auch wirklich streiken, dann<br />

streiken sie gar nicht wirklich, da Streiken eben nicht allein in Unterlassung<br />

einer Tätigkeit besteht, sondern in der ultimativen Kraft,<br />

in der Drohung mit der Unterlassung einer lebenswichtigen Leistung.<br />

Hat man das einmal eingesehen, dann ist es absolut begreiflich,<br />

daß Studenten, die ihre Opposition zu manifestieren wünschen, dazu<br />

gezwungen sind, in Ersatzaktionen bzw. Ersatzunterlassungen auszuweichen.<br />

Diese Ersatzhandlungen können zwei verschiedene, sogar<br />

einander entgegengesetzte Formen annehmen. Entweder entschließen<br />

sich die Studenten, weil ihr Streiken wirkungslos bleibt, zu Aktionen,<br />

die ernster sind und aggressiver als das Streiken — seit den<br />

Mai-Ereignissen in Paris sind uns diese Demonstrationen, die eben<br />

viel mehr sind als Demonstrationen, nämlich echte Revolten, ja bekannt.<br />

Und die Möglichkeit, daß es einmal eine Situation geben<br />

könnte, in der die rebellierenden Studenten andere Gruppen der<br />

Bevölkerung mit sich reißen könnten, ist wohl nicht von der Hand<br />

zu weisen.<br />

Die anderen Ausweich- oder Ersatzhandlungen sind nicht ernster<br />

als das Streiken, sondern verspielter. Viele jener abstrusen und extravaganten<br />

Aktionen, Unterlassungen, Kostümierungen und happenings,<br />

mit denen sie leider den Reaktionären aller couleurs gratis<br />

Schützenhilfe leisten, sind nichts anderes als Ersatzbefriedigungen<br />

von Oppositionellen, deren Opposition wahrhaftig nicht unbegründet<br />

ist, die aber aus objektiven Gründen, an denen sie selbst keine<br />

Schuld tragen, um Chancen erfolgreichen Streikens betrogen sind.<br />

Es ist sehr billig, diese Erscheinungen mit dem Worte „Unreife" abzutun.<br />

Und um so billiger, wenn dieser Vorwurf aus dem Munde<br />

derer kommt, die „Disziplin", Gehorsam und Gleichschaltung verlangen,<br />

d. h. als Ideal <strong>des</strong> idealen Menschen den unselbständigen,<br />

also den unreifen Menschen ansehen.

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