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Zur Politischen Ökonomie des gegenwärtigen Imperialismus ...

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38 Peter Strotmann<br />

liegt. <strong>Zur</strong>ückzuführen ist das wiederum auf die Senkung der Sterberaten<br />

infolge <strong>des</strong> medizinischen Fortschritts. Gleichzeitig bleibt den<br />

EL heute nicht das Ventil der Auswanderung, das in vielen europäischen<br />

Ländern die ökonomische Entwicklung erleichterte. Die<br />

Kolonialmächte importierten in ihre Kolonien die moderne medizinische<br />

Technik, ohne gleichzeitig diesen Ländern Mittel an die Hand<br />

zu geben, mit der neuen, von ihnen geschaffenen Lage fertig zu<br />

werden.<br />

In einem Modell von H. W. Singer 12 , das die Situation der EL<br />

wirklichkeitsnahe darstellt, werden die Konsequenzen dieser<br />

Phasenverschiebung der Bevölkerungsentwicklung aufgezeigt: 70%<br />

der Bevölkerung sollen in der Landwirtschaft beschäftigt sein und<br />

40 %> <strong>des</strong> Gesamteinkommens produzieren. Die Bevölkerung wächst<br />

jährlich mit einer Rate von 1,25 %. Die Entwicklungspolitik soll sich<br />

darauf beschränken, nur den Zuwachs der Bevölkerung in den industriellen<br />

und tertiären Sektor aufzunehmen, d. h., die Beschäftigung<br />

in der Landwirtschaft bleibt' absolut konstant. Pro Jahr sollen<br />

0,875 % <strong>des</strong> Bevölkerungszuwachses in neuen Industriezweigen mit<br />

einem Kapitalkoeffizienten (k) 12a von 6:1 beschäftigt werden (Energie-,<br />

Transport- und andere Infrastrukturinvestitionen eingeschlossen).<br />

Weitere 0,275% sollen im tertiären Sektor mit einem k=4:l untergebracht<br />

werden. Um die zusätzlich Beschäftigten ernähren zu<br />

können, bedarf es einer zusätzlichen landwirtschaftlichen Produktion<br />

von 3 % (1,25 % für die zusätzliche Bevölkerung; 0,75%, um den<br />

Konsum der Gesamtbeschäftigten zu erhöhen, und ein weiteres Prozent<br />

zur Erhöhung <strong>des</strong> Eigenkonsums der Landwirtschaft). Wenn<br />

auch in der Landwirtschaft ein k = 4:1 angenommen wird, so ist<br />

eine Investitionsquote von 22 % notwendig, nur um den Bevölkerungszuwachs<br />

produktiv beschäftigen zu können. Dennoch würde es<br />

volle 108 Jahre dauern, bis sich das Verhältnis der in der Landwirtschaft<br />

Beschäftigten zur übrigen Beschäftigtenzahl von 70:30% auf<br />

20:80% geändert hat, das heißt, bis das Stadium erreicht ist, „das<br />

ein endgültiges Gleichgewicht bei einem hohen Beschäftigungsniveau<br />

bedeutet". Bedenkt man jedoch, daß dieses Modell von der unrealistischen<br />

Annahme ausgeht, daß das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern<br />

nur 1,25 % und nicht, wie in Wirklichkeit, 2,5 bis<br />

3 % beträgt; daß heute Investitionsquoten von 12 bis 15 % schon als<br />

sehr fortschrittlich angesehen werden; und daß es einige Länder gibt,<br />

die nicht noch 100 Jahre mit ihrer Emanzipation warten können, so<br />

mag das Ausmaß der Ereignisse verständlich werden, die in den<br />

nächsten Jahren in diesen Ländern anstehen.<br />

12 H. G. Singer: The Mechanics of Economic Development, Agarwala<br />

a.a.O., 380—399.<br />

12a Der Kapitalkoeffizient (oder capital-output-ratio) gibt an, wieviel<br />

Einheiten „Kapital" (hier verstanden als Fabrikhalle, Maschinen und Rohstoffe)<br />

benötigt werden, um in irgendeinem Produktionszweig eine zusätzliche<br />

Einheit fertiger Produkte zu erzeugen. Der Kapitalkoeffizient ist<br />

im allgemeinen natürlich in der Landwirtschaft niedriger als in der Industrie<br />

und hängt von der angewandten Technik ab.

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