09.11.2012 Aufrufe

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Sicht der handelnden Menschen« (Flick/Kardorff/Steinke 2003: 14) beschreiben<br />

bzw. »die Sichtweise der beteiligten Subjekte, die subjektiven und sozialen Konstruktionen<br />

ihrer Welt« (ebd.: 17) <strong>mit</strong>berücksichtigen, als kritische einzustufen.<br />

Denn im Gegensatz zu quantitativen <strong>Methode</strong>n sind qualitative <strong>Methode</strong>n an der<br />

Subjektperspektive und da<strong>mit</strong> letztlich am Menschen und seinen Bedürfnissen<br />

und Wünschen interessiert, statt an abstrakten Merkmalsträgern und Korrelationskoeffizienten<br />

von Variablen.<br />

Solch eine Sicht auf das Verhältnis von <strong>Methode</strong>n und Gesellschaftskritik mag<br />

jedoch nicht zu überzeugen. Näher liegt der Gedanke, dass <strong>Methode</strong>n Spielräume<br />

und Möglichkeiten für eine kritische Gesellschaftsbeschreibung eröffnen und nicht<br />

allein festlegen, ob eine Analyse tatsächlich gesellschaftskritisch ist oder nicht.<br />

Schon durch einen flüchtigen Blick wird deutlich, dass durchaus quantitativ arbeitende<br />

Studien existieren, welchen nur schwerlich ihre gesellschaftskritischen Implikationen<br />

abzusprechen sind. 3 Auch vice versa scheint es mehr als fragwürdig,<br />

qualitative Untersuchungen als per se gesellschaftskritisch zu bezeichnen; man<br />

denke nur an qualitativ arbeitende Marktforschung, wo Beobachtungen, Fokusgruppen<br />

und offene Interviews <strong>mit</strong>tlerweile zum Standardrepertoire gehören.<br />

Wenn also <strong>Methode</strong>n auch nicht als neutral bezeichnet werden können, so sind<br />

sie doch unterbestimmt in Bezug auf den kritischen Gehalt der Forschungsergebnisse.<br />

Ob eine Forschung zu kritischen Ergebnissen gelangt, hängt von weiteren<br />

Entscheidungen und Spezifizierungen ab. Auf drei wichtige Faktoren sei im Folgenden<br />

eingegangen:<br />

a) In jeder Forschung wird sich nicht nur für eine bestimmte <strong>Methode</strong>, sondern<br />

primär für einen bestimmten Analysegegenstand und daran anschließende Fragestellungen<br />

entschieden. Das Erkenntnisinteresse jedweder Forschung, welches<br />

nicht unbeeinflusst vom Entstehungs- und Verwendungskontext bleibt, ist <strong>mit</strong>zureflektieren<br />

und ist ein zentrales Moment hinsichtlich des kritischen Gehalts einer<br />

Untersuchung. Es macht einen großen Unterschied, ob etwa Möglichkeiten für die<br />

bessere Verbreitung und Umsetzung neoliberaler Wirtschaftsmodelle untersucht<br />

werden oder ob nach Herrschafts- und Dominanzstrukturen und Strategien für deren<br />

mögliche Überwindung gefragt wird. Siegfried Jäger bspw. sieht in seiner Kritischen<br />

Diskursanalyse in der Bearbeitung »gesellschaftlich brisanter Themen«<br />

(Jäger 2004: 224) einen zentralen Ausgangspunkt für eine kritische Analyse. Als<br />

weiteren inhaltlichen Maßstab führt Jäger an, dass »das, was getan wird bzw. ›geschieht‹<br />

[…] der Existenz, des Daseins der Menschen und eines jeden einzelnen<br />

Menschen auf diesem Globus dienlich« sein müsse (ebd.: 228).<br />

Ohnehin sei, so Jäger, »Diskursanalyse als per se kritisch« (ebd.: 223) zu bezeichnen,<br />

da sie gängige Selbstbeschreibungen, Wahrheiten und Machtmechanis-<br />

3 Vgl. die Studien von Michael Hartmann zur Eliteforschung (1997) oder denjenigen Teil der Sozialstrukturforschung,<br />

der <strong>mit</strong> der Mode der Lebensstilanalyse nicht automatisch die Untersuchung sozialer Ungleichheit aufgegeben<br />

hat (bspw. Geißler 2002).<br />

10

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!