Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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der Schraffurstriche sowie der Abstand zwischen diesen können Unterschiede in<br />
Bodenfarbe oder -material ausdrücken. Die Unterbrechung der Striche bedeutet<br />
eine Trennung zwischen zwei Befunden, kann aber auch im Unterschied zur oberen<br />
<strong>Methode</strong> darstellen, wenn der Verlauf einer Befundgrenze unklar ist oder eine<br />
Schicht eine interne Differenzierung aufweist. Darüber hinaus können Informationen<br />
über Bodenbeschaffenheit visualisiert werden, während sie bei der konventionellen<br />
<strong>Methode</strong> in schriftlicher Form eingefügt werden müssen. Mit der<br />
Schraffur-<strong>Methode</strong> können also auch komplexere Verhältnisse wiedergegeben<br />
werden. Eine Zeichnung kann so<strong>mit</strong> unterschiedliche Informationen in unterschiedlicher<br />
Weise wiedergeben und greift da<strong>mit</strong> in die Wissensproduktion ein.<br />
Beim Blick auf die strukturierende Wirkung der <strong>Methode</strong>n sind auch die<br />
Geräte und Instrumente von Bedeutung, die zum Einsatz kommen. Sie sind ebenfalls<br />
als Aktanten zu betrachten. Dazu zählen beispielsweise geomagnetische<br />
Messgeräte, Grabungsgeräte, Zeichenstifte, Vermessungsgeräte, Instrumente in<br />
naturwissenschaftlichen Labors oder Datenverarbeitungsprogramme. Sie greifen<br />
in den Forschungsprozess ein, denn Informationen können nur dann hergestellt<br />
werden, wenn es entsprechende Untersuchungsmethoden und Instrumente gibt.<br />
Als Beispiel kann die Entwicklung einer <strong>Methode</strong> zur chemischen Analyse von<br />
Keramik genannt werden. Die spezifische Zusammensetzung des Rohmaterials<br />
macht Informationen zur Herkunft des Tons herstellbar, wodurch Kontakte in<br />
Form von Versorgungswegen sichtbar werden können. Ob eine solche <strong>Methode</strong><br />
angewendet wird, hängt dabei nicht nur von theoretischen Deutungsmustern oder<br />
ökonomischen Verhältnissen ab, also zum Beispiel, ob ein Forschungsinteresse an<br />
solchen Erkenntnissen besteht oder ob Gelder zur Verfügung stehen, um die Untersuchung<br />
durchzuführen. Auch die dabei verwendeten Geräte nehmen Einfluss<br />
auf die Sichtbarkeit von Informationen, z. B. in der Art und Weise des Herstellungsprozesses<br />
der Daten durch die Geräte und wann diese Daten als ›verlässlich‹<br />
gesehen werden oder welcher Zugang zu solchen Geräten überhaupt besteht.<br />
Da die allermeisten archäologischen <strong>Methode</strong>n ohne Geräte gar nicht durchführbar<br />
sind, kann man bei der Anwendung einer Grabungsmethode in Anlehnung<br />
an einen Begriff aus den Cultural Studies von einer Form der ›Hybridisierung‹<br />
zwischen Mensch und Gerät sprechen. Unterschiedliche Verbindungen führen zu<br />
anderen Ergebnissen, denn viele naturwissenschaftliche <strong>Methode</strong>n können ohne<br />
die Geräte und die entsprechende Kenntnis der Bedienung nicht ausgeführt werden.<br />
Gleichzeitig bieten solche Verfahren aber auch völlig neue Einblicke in das<br />
Datenmaterial. Es werden also ›neue‹ Wissensformen erzeugt, die in dieser Form<br />
vorher nicht bestanden. Ein Beispiel dafür ist die geophysikalische Prospektion.<br />
Dabei wird die Magnetik, die Elektrik oder die Dichte des Bodens durch flächendeckende<br />
Messungen er<strong>mit</strong>telt, wodurch die Unterschiede zwischen Bodeneingriff<br />
und umgebenden Boden sichtbar werden. Die gemessenen Daten können in<br />
verschiedenen Formen graphisch dargestellt werden, wobei zumeist die Abbildung<br />
in ›Hell-Dunkel-Abstufungen‹ angewandt wird. Wenn Bodenveränderungen<br />
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