Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Grenzen dessen, was Diskursanalyse leisten kann, (an-) zu erkennen, ist m. E.<br />
notwendig, um die Frage der Macht, die sich durch das ganze Werk Foucaults<br />
zieht, aufgreifen und stellen zu können. Im 2. Abschnitt werden der Dispositivbegriff<br />
und dessen Implikationen für das Forschungsprogramm Foucaults erörtert.<br />
(1) Schon in der Archäologie des Wissens hat Foucault auf die Grenzen der<br />
Diskursanalyse und da<strong>mit</strong> das Unzureichende der Diskursanalyse hingewiesen.<br />
Diskursverläufe folgen nicht allein einer diskursimmanenten Logik. Sozialer<br />
Wandel, ja nicht einmal diskursiver Wandel wäre erklärbar, weil diskursexterne<br />
Effekte auf die diskursive Praxis und Strategien diskursiver Praxis, die auf die Restrukturierung<br />
diskursexterner Praxen zielen, nicht als das zu Erklärende erkannt<br />
würden. Die Anerkennung der Grenze möglicher Schlussfolgerungen von diskursanalytischen<br />
Ergebnissen auf sozialen Wandel und die Anerkennung der Unmöglichkeit<br />
der Erklärung von Diskursverläufen unterscheidet das praxeologische<br />
vom textualistischen Diskursverständnis. Ersteres differenziert analytisch zwischen<br />
diskursiven und nicht-diskursiven Praxen – allerdings ohne zu behaupten,<br />
es gäbe eine soziale Wirklichkeit, die prädiskursiv und daher noch unberührt sei.<br />
Letzteres liest jede Wirklichkeit als Text und setzt keinen qualitativen Unterschied<br />
zwischen tätigen und sprachlichen Handlungen (Laclau 1981: 176). Es muss also<br />
betont werden, dass DiskursanalytikerInnen in dieser Frage über das Verhältnis<br />
von diskursiver zu nicht-diskursiver Praxis durchaus nicht einer Meinung sind.<br />
Nur ein praxeologischer Begriff des Diskursiven führt meiner Einschätzung nach<br />
in eine sozialwissenschaftliche Machtanalytik, die empirisch die Entstehungshintergründe<br />
und Verlaufsbedingungen sozialen Wandels zu erfassen versucht.<br />
(2) Das diskursanalytische Interesse geht von der Prämisse asymmetrischer<br />
Kommunikationsverhältnisse aus. Die Annahme der Relevanz der »Wahrheit« bzw.<br />
der wahrheitsbewehrten Wissensproduktionen für die Formen und Inhalte moderner<br />
Vergesellschaftung liegt dem Foucaultschen Forschungsprogramm von Anfang an<br />
zugrunde. Aus dieser folgt erst das Interesse für symbolische Wissensordnungen.<br />
Expliziert wurde diese Annahme aber erst in den Studien Überwachen und Strafen<br />
und Der Wille zum Wissen. Diese methodologische Annahme wird als These der<br />
Immanenz von Macht und Wissen bezeichnet: Es »ist wohl anzunehmen, dass die<br />
Macht Wissen hervorbringt (und nicht bloß fördert, anwendet, ausnutzt); dass<br />
Macht und Wissen einander un<strong>mit</strong>telbar einschließen; dass es keine Machtbeziehungen<br />
gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein<br />
Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und konstituiert.<br />
Diese Macht/Wissen-Beziehungen sind darum nicht von einem Erkenntnissubjekt<br />
aus zu analysieren, das gegenüber dem Machtsystem frei oder unfrei ist. Vielmehr<br />
ist in Betracht zu ziehen, dass das erkennende Subjekt, das zu erkennende Objekt<br />
und die Erkenntnisweisen jeweils Effekte jener fundamentalen Macht/Wissen-<br />
Komplexe und ihrer historischen Transformationen bilden.« (Foucault 1977: 39)<br />
Solche Macht-Wissen-Komplexe bezeichnet Foucault auch als Dispositive. In<br />
der Folge wird dieser Verschiebung des Forschungsinteresses Rechnung getragen,<br />
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