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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Archäologische Ausgrabungsmethoden sehe ich also als eingebunden in ein<br />

Aktanten-Netzwerk. Sie interagieren <strong>mit</strong> den ›Ausgrabenden‹, den Geräten, den<br />

Funden und Befunden, den Inskriptionen usw. Alle sind am Wissensproduktionsprozess<br />

beteiligt und formen so<strong>mit</strong> das Ergebnis.<br />

4. Handlungen<br />

<strong>Methode</strong>nanwendungen sind immer konkrete Handlungen, die von menschlichen<br />

Aktanten ausgeführt werden. Handlungen finden immer an konkreten Orten zu<br />

spezifischen Zeitpunkten statt. Da<strong>mit</strong> sind auch die <strong>Methode</strong>n immer zeitlich und<br />

räumlich differenziert ausgestaltet. <strong>Methode</strong>n werden zumeist in konkreten sozialen<br />

Strukturen ausgeführt, weshalb sie als soziale Praktiken gesehen werden können.<br />

Das zeigt sich deutlich an den archäologischen Ausgrabungsmethoden. Da<br />

bei vielen Ausgrabungen die Mitarbeiter gemeinsam am Ausgrabungsort wohnen,<br />

entsteht ein spezifisch archäologischer Interaktionsraum, in dem ein Austausch<br />

der verschiedenen Erfahrungsbestände, Meinungen und Motivationen der Akteure<br />

stattfindet. Auf Grabungen werden nicht nur die konkret angewendeten <strong>Methode</strong>n<br />

diskutiert, sondern immer auch Theorien verhandelt, angewendet und modifiziert.<br />

Gleichzeitig kommen dabei auch die Personen selbst ins Spiel, indem Sympathien<br />

und Antipathien, Konkurrenzen und Kooperationen den Ablauf einer Grabung<br />

entscheidend beeinflussen. Mit diesen Gruppenprozessen unterscheidet sich die<br />

Wissensproduktion der Archäologie von jenen Fächern, in denen Forschungen zumeist<br />

von Einzelpersonen durchgeführt werden. Da archäologische Wissensproduktion<br />

also zumeist in Gruppen stattfindet, möchte ich in Anlehnung an die USamerikanische<br />

Pädagogin Jean Lave und den Lernforscher Etienne Wenger von<br />

›Community of Practice‹ sprechen. Unter Community wird dabei keine klar definierte<br />

Gruppe <strong>mit</strong> sichtbaren Grenzen verstanden. Vielmehr beinhaltet sie »participation<br />

in an activity system about which participants share understandings concerning<br />

what they are doing and what that means in their lives and for their<br />

communities«. 15 Sie kann so<strong>mit</strong> als ein soziales Netzwerk gesehen werden. »A<br />

Community of Practice is a set of relations among persons, activity, and world,<br />

over time and in relation with other tangential and overlapping communities of<br />

practice« (Lave/Wenger 1991: 98). 16 Wenger beschreibt den Praxisbegriff nicht<br />

nur als bloßes »doing«, sondern als »doing in a historical and social context that<br />

gives structure and meaning to what we do«. 17 Deshalb können alle Praktiken als<br />

soziale Praktiken gesehen werden. Diese bestehen für ihn sowohl aus Wissen als<br />

15 »Mitwirkung an einem Aktivitätssystem, auf dessen Grundlage die Beteiligten Übereinkünfte darüber entwickeln,<br />

wie sie ihre Tätigkeit und deren Bedeutung für sie selbst wie für ihre Gruppierungen interpretieren.«<br />

16 »Eine Community of Practice ist ein Set von Beziehungen zwischen Personen, Handlungen und der Welt, das im<br />

Verlauf der Zeit tangentiell und überlappend <strong>mit</strong> anderen Communities of Practice in Beziehung steht.«<br />

17 »Tätigkeiten erhalten durch den historischen und sozialen Kontext ihre Struktur und Bedeutung.«<br />

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