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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Hinblick auf heterosexuelle Männlich- und Weiblichkeit, bringen sich jeweils bei<br />

was es heißt, ein ›richtiger Junge‹, ein ›richtiges Mädchen‹ zu sein« (Hark 2002: 57).<br />

Wenn also unter Einhaltung der gebotenen Forschungsethik und bei Berücksichtigung<br />

des Hierarchiegefälles zwischen erwachsenen Forscher*innen und jugendlichen<br />

Teilnehmer*innen die spezifische Lebensform der Forscher*innen<br />

thematisiert wird, ist dies kein ›Einbruch‹ in geschützte jugendliche Lebenswelten.<br />

Vielmehr kann es ein Ausdruck davon sein, dass Jugendliche in der Forschung<br />

als Produzent*innen von Bedeutung ernst genommen werden.<br />

3. Gesellschaftskritik durch <strong>Methode</strong>nwahl? Methodologische Reflexion für<br />

komplexeres Denken<br />

»The political bricoleur knows that science is power, for all research findings<br />

have political implications.« (Denzin/Lincoln 2003: 9) 27<br />

Sicherlich kann die Positionierung von Forscher*innen nur ein Teil guter und<br />

kritischer Forschung sein. Auf jeden Fall trägt die Hinterfragung der Rolle von<br />

Forscher*innen zur Komplexität der Untersuchung bei. Forscher*innen, die dies<br />

selbstreflexiv angehen, sorgen also möglicherweise nicht nur für Verwirrung – im<br />

Feld und in der Universität –, sondern handeln sich auch ein Mehr an Arbeit ein,<br />

denn sie erhöhen die Komplexität (Degele 2005: 22 28 ). Sie handeln da<strong>mit</strong> verantwortlich<br />

und methodisch exakt, da sie implizite Annahmen im Kontext eines Forschungsvorhabens<br />

sichtbar machen und beispielsweise implizite ethnisierende<br />

Zuschreibungen im Vorfeld reflektieren. Gleichzeitig öffnen sie auch für die Teilnehmer*innen<br />

einen Raum, um ihre eigenen Annahmen zu hinterfragen oder eigene<br />

Positionierungen zu untersuchen.<br />

Dabei kann die Hinterfragung heteronormativer Annahmen in der Forschung<br />

explizit als Mittel und Teil des Forschungsprozesses eingesetzt werden, indem<br />

beispielsweise ein outing im klassischen Sinn von Forscher*innen zu einem spezifischen<br />

Zeitpunkt der Forschung eingeplant und dann analysiert wird, wie die<br />

Teilnehmer*innen dies aufnehmen. Ein solch dramatisierendes Vorgehen muss<br />

dabei gut eingebettet sein, da<strong>mit</strong> es nicht als struktureller, absichtlicher Vertrauensbruch<br />

wahrgenommen wird. Wesentlich weniger problematisierend wäre das<br />

selbstverständliche Erwähnen eigener nicht-heteronormativer Positionen oder der<br />

Verweis auf unterschiedliche Modelle der ›Lebensform‹ in den Gesprächen <strong>mit</strong><br />

den Teilnehmer*innen bzw. im Fall der direkten Nachfrage.<br />

27 »Der/die politische bricoleur weiß, dass Wissenschaft Macht ist, denn alle Forschungserkenntnisse haben politische<br />

Bedeutung.« (Übersetzung I. S.)<br />

28 Degele kritisiert hier nicht allein heteronormative Prämissen (in der Forschung), sondern auch blinde Flecken innerhalb<br />

des Projekts der queer studies (2005: 26 f.).<br />

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