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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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ker befolgen oder stärker ablehnen und ggf. gegen sie arbeiten (Nowotny 1986:<br />

25-29; vgl. Wagner 1986; Harding 1994 (1991): 33-39).<br />

1.3. <strong>Methode</strong>n biologischer Wissenschaft:<br />

warum feministisch anders geforscht wird<br />

Fragestellungen und <strong>Methode</strong>n bestimmen die ›Erkenntnisse‹, die in Wissenschaften<br />

überhaupt möglich sind. Wichtige Grundlage derzeitiger wissenschaftlicher<br />

biologischer ›Erkenntnis‹ stellen Tierexperimente dar. Sie werden in der Biologie<br />

herangezogen, um bspw. Geschlechtsunterschiede im Verhalten zu<br />

bestimmen – und die Ergebnisse der Untersuchungen in ›angepasster Weise‹ auf<br />

den Menschen zu übertragen. Deutlich wird dies beispielhaft an Aufsteige- und<br />

Unterwürfigkeitsverhalten von Ratten:<br />

Fallbeispiel: 1959 stellte C. Phoenix die Theorie der pränatalen Maskulinisierung<br />

des Gehirns durch ›männliche Hormone‹ (Androgene) auf. Der männliche<br />

Hypothalamus würde sich durch Androgene stärker differenzieren, wogegen der<br />

weibliche im basalen Zustand verharre. Dies habe Auswirkungen auf das Sexualverhalten,<br />

wobei bei Ratten das Männchen Aufsteigeverhalten (mounting), das<br />

Weibchen Unterwürfigkeit durch Krümmung des Rückens (lordosis) zeige. Das<br />

Sexualverhalten verlaufe von Seiten des Ratten-Männchens über Besteigen – Einführen<br />

des Penis – Ejakulation, wobei auch Variationen auftreten könnten. Das<br />

Ratten-Weibchen würde lediglich reagieren, das aktive ratten-männliche Verhalten<br />

passiv erdulden, wobei die Häufigkeit des Erduldens gemessen wurde.<br />

Forschungsleitende Frage in den 1960er Jahren war: Was macht das Gehirn<br />

männlich? R. Gorski führte Experimente zu mounting/lordosis durch, wobei er bemerkte,<br />

dass sich Ratten-Männchen erst an die Umgebung anpassen (adaptieren)<br />

müssten, um Aufsteigeverhalten zu zeigen. So ließ Gorski die Ratten-Männchen<br />

erst zwei Stunden adaptieren, bevor er ein (nichtadaptiertes) Ratten-Weibchen hereinführte<br />

und das beschriebene Sexualverhalten untersuchte: Besteigen – Einführen<br />

des Penis – Ejakulation. Gorski behandelte in einem weiteren Versuch Ratten-Weibchen<br />

<strong>mit</strong> Androgenen, um auch in ihren Gehirnen männliche Strukturen<br />

entstehen zu lassen. Dann ließ er auch sie zwei Stunden adaptieren und führte Ratten-Männchen<br />

herein. Für die Ratten-Weibchen beschrieb er, wie gehabt, lordosis<br />

– ein unerwartetes Ergebnis, welches der angenommenen Androgen-Wirkung widersprach,<br />

auf das er bei der Auswertung seiner Versuche aber nicht näher einging.<br />

R. E. Whalen und R. D. Nadler beobachteten in späteren Untersuchungen, dass einige<br />

<strong>mit</strong> Androgenen behandelte Ratten-Weibchen ihren Rücken so krümmten,<br />

dass sie den Ratten-Männchen nicht die ganze Zeit den Verbleib auf dem Rücken<br />

ermöglichten – also aktiv einen Abbruch des Sexualverhaltens erwirkten.<br />

G. Bermant und J. Calhoun kritisierten in den 1960er Jahren die einseitige Ausrichtung<br />

an männlichem Sexualverhalten. 1970 zeigte M. Schoelch-Krieger, dass<br />

weibliche Ratten vielerlei Möglichkeiten hätten, auf den Versuch von Männchen,<br />

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