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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Beschwerden, die <strong>mit</strong> der Menstruation einhergehen, wie Keller ausführt (Keller<br />

1989 [1982]: 237; vlg. Harding 1994 [1991]: 132-154). So werde die Last der<br />

Empfängnisverhütung durch bisherige androzentrische Erkenntnisse wesentlich<br />

auf die Frauen verlagert. Durch einen gesteigerten Frauenanteil in der biologischen<br />

und medizinischen Forschung würden auch die Interessen von Frauen stärkere<br />

Berücksichtigung finden.<br />

Andere Wissenschaftskritikerinnen gehen davon aus, dass bereits bei der Entstehung<br />

und schließlich Institutionalisierung von Wissenschaften gewisse Bereiche<br />

als ›unwissenschaftlich‹ oder nicht von Interesse ausgegliedert wurden. Dies<br />

seien vielfach weiblich geprägte gesellschaftliche Bereiche gewesen, bspw. Hausarbeit<br />

und Nachwuchspflege. Spezifisch weibliches Wissen sei <strong>mit</strong> der Etablierung<br />

moderner Medizin verloren gegangen: So bspw. Erfahrungen von Hebammen<br />

in der Geburtsunterstützung oder insbesondere vorsorgende überlieferte<br />

Heilverfahren, die sich bis ins 17. Jh. durch Alltagserfahrung und ›Haus<strong>mit</strong>tel‹<br />

<strong>mit</strong> der Kochkunst verbunden hätten. Frauen seien von ›modernem Wissen‹ ausgeschlossen<br />

worden. Mit der androzentrisch geprägten Medizinisierung und<br />

schließlichen Verlagerung in Kliniken sei die Fokussierung auf Geburtsunterstützung<br />

einer technisierten Entbindung und einer Reproduktionskontrolle gewichen<br />

(vgl. Schiebinger 1993 [1989]: 157-176).<br />

Trotz der strukturellen Beschränkungen hatten Frauen nicht unwesentliche Anteile<br />

an Forschungen, die allerdings meist im Verborgenen blieben, da die Ehrungen<br />

an Männer gingen. So hat bspw. die nachträgliche biographische Bearbeitung<br />

(es lagen bereits einige kurze Erwähnungen vor) des Lebens und Wirkens von<br />

R. Franklin ihren tatsächlichen Anteil an der Entschlüsselung der DNS-Doppelhelix-Struktur<br />

darstellen können. Franklin lieferte <strong>mit</strong>tels Röntgenstrukturanalyse<br />

die zur ›Entschlüsselung‹ der DNS-Struktur notwendigen Daten, für die schließlich<br />

die männlichen Wissenschaftlerinnen M. Wilkins, F. Crick und J. Watson <strong>mit</strong><br />

dem Medizin-Nobelpreis geehrt wurden (vgl. Maddox 2003 [2002]). 10 Etwas weniger<br />

bekannt geworden ist die russische Ärztin M. Manasseina. Manasseina<br />

führte 1871 einen experimentellen Nachweis der zellfreien Gärung – <strong>mit</strong> dem Nobelpreis<br />

für Chemie geehrt wurde dafür 1907 E. Buchner (Kästner 1998; Wiesner<br />

2002: 89 ff.; Ukrow 2004: 135 ff.). Die Biographieforschung zeigt auch, dass<br />

Frauen außerhalb von Beschäftigungsverhältnis und Institutionalisierung<br />

Forschungen zu den Arbeiten ihrer Ehemänner oder Brüder beisteuerten – und<br />

dass Frauen als Diskussionspartnerinnen oder Ehefrauen, Töchter, Schwestern,<br />

Bedienstete, Dienerinnen durch die Übernahme ›alltäglicher Arbeiten‹ nicht unwesentlichen<br />

Anteil an den Forschungen ›ehrbarer Männer‹ hatten. Einer Heroisierung<br />

von Frauen als ›Erste‹, ›Einzige‹ – wie in Darstellungen männlicher<br />

10 R. Franklin hätte den Nobelpreis nicht mehr entgegen nehmen können, da sie zur Vergabe bereits verstorben war<br />

– und Nobelpreise ausschließlich zu Lebzeiten verliehen werden. Allerdings wurde sie auch in der Laudatio nur<br />

abschätzig erwähnt und ihr Anteil geschmälert.<br />

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