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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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In der ForscherInnengemeinschaft entwickelten sich im Zuge der Auseinandersetzung<br />

verschiedene Grundpositionen, die im Folgenden diskutiert werden.<br />

Eine erste Position kennzeichnet die Zurückweisung jeglicher Bewertungskriterien<br />

für die qualitative Forschung. Sie entstand aus einer angenommenen Nichtkompatibilität<br />

qualitativer Forschung <strong>mit</strong> der Formulierung von Kriterien zu deren<br />

Bewertung (Richardson 1994; Shotter 1990). Die Nichtkompatibilität wird <strong>mit</strong> der<br />

Unmöglichkeit, ein festes Referenzsystem anzugeben, begründet. Diese Annahme<br />

leitet sich aus der konsequent sozial-konstruktivistischen Haltung ab, die davon ausgeht,<br />

dass nicht unser Wissen über die Welt, sondern diese selbst sozial konstruiert<br />

ist. Mit dieser konsequent konstruktivistischen Haltung sei nicht vereinbar, dass es<br />

irgendwelche Standards für die Bewertung von Erkenntnisansprüchen gebe. Die<br />

Einnahme dieser Position birgt allerdings die Gefahr in sich, dass qualitative Forschung<br />

beliebig und nicht intersubjektiv nachvollziehbar wird. Auch dürften aus<br />

diesen Positionen Probleme <strong>mit</strong> der Anerkennung qualitativer Forschung außerhalb<br />

ihrer scientific community resultieren. Allein aus der Zugrundelegung konstruktivistischer<br />

Annahmen ist ein Verzicht auf Kriterien nicht zwingend, sondern eine Integration<br />

dieser Aspekte in die Bildung der Kriterien erscheint sinnvoller.<br />

Bewertungskriterien außerhalb der qualitativen Forschung heranzuziehen, fordern<br />

ForscherInnen in einer zweiten Position (z. B. Miles & Hubermann 1994).<br />

Das Ergebnis wäre eine Gleichsetzung von traditionellen (aus nicht-qualitativen<br />

Kontexten stammenden) Kriterien <strong>mit</strong> spezifischen qualitativen Kriterien. Das<br />

spezifische Verständnis qualitativer <strong>Methode</strong>n und Methodologie und ihm zugrunde<br />

liegender konstruktivistischer Positionen wirft die Frage auf, ob Kriterien<br />

außerhalb der qualitativen Forschung für die Bewertung eines qualitativen Forschungsprozesses<br />

genutzt werden können.<br />

Die Auseinandersetzung <strong>mit</strong> den vielfältigen Formen der Objektivität, Validität<br />

und Reliabilität zeigt ihre Nichtübertragbarkeit auf die qualitative Forschung bzw.<br />

der Übertragung einzelner Aspekte:<br />

Für die aperspektivische Objektivität gilt, dass diese <strong>mit</strong> den konstruktivistischen<br />

Positionen nicht vereinbar ist. Jedoch fließt die Idee der Kommunizierbarkeit<br />

bzw. der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit in die Bewertungskriterien der<br />

qualitativen Forschung <strong>mit</strong> ein.<br />

Die Reliabilität in Form der traditionellen Reliabilitätswerte, wie Retest- und<br />

Paralleltest-Reliabilität und Konsistenzkoeffizient, die im Rahmen der Klassischen<br />

Testtheorie entwickelt wurden, ist nicht auf die qualitative Forschung anwendbar.<br />

Die Übertragbarkeit scheitert insbesondere an der Notwendigkeit von ex<br />

ante-Definitionen von Untersuchungsgegenständen, Hypothesen und deren Operationalisierung<br />

sowie notwendiger Standardisierung der Messinstrumente. Dies<br />

ist nicht vereinbar <strong>mit</strong> den Kennzeichen qualitativer Forschung.<br />

Die Auseinandersetzung <strong>mit</strong> dem Kriterium Validität erfordert, den unterschiedlichen<br />

Gebrauch dieses Kriteriums zu diskutieren. Das gebräuchlichste Verständnis<br />

von Validität ist, dass sie angibt, ob die <strong>Methode</strong> tatsächlich misst, was sie zu mes-<br />

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