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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Elemente steuern sollen. Einen ganz anderen Blick nutzte dagegen die Genetikerin<br />

B. McClintock, die sich in ihren Forschungen dem sensiblen Zusammenwirken<br />

von Faktoren auf zellulärer oder organismischer Ebene widmete (Keller<br />

1995: 81-86, vgl. Bleier 1984: 199-207). 21<br />

1.4. Inhalte biologisch-medizinischer Wissenschaften:<br />

von ›Genen der Minderwertigkeit‹ zu nicht-diskriminierenden Inhalten<br />

zukünftiger Wissenschaft<br />

In der Entstehungsgeschichte westlicher moderner biologischer Wissenschaften –<br />

und bis in unsere Zeit – werden Aussagen über weitreichende Differenzen zwischen<br />

als dual begriffenen Gegensätzen herausgearbeitet. Frau/Mann, aktiv/passiv,<br />

Natur/Kultur werden als solche Gegensätze konstruiert und in ein Dominanz-Subordinanz-Verhältnis<br />

eingepasst. ›Die Frau‹ oder ›Menschen nicht-europäischer<br />

Herkunft‹ werden in die Rolle der faszinierenden Natur gesetzt, die es zu ergründen<br />

gelte (u. a. Bleier 1984: 197-199; Birke 1986: 107-115, Harding 1994 [1991]:<br />

57; Schiebinger 1993 [1989]: 268-297; Ebeling 2002: 44-48). Sie werden im Vergleich<br />

zum als ›Norm‹ angesehenen weißen, heterosexuellen, europäischen Mann<br />

<strong>mit</strong> Stigmatisierungen der Minderwertigkeit verbunden. Diese Minderwertigkeiten<br />

werden als für sie natürliche, perfekte, da<strong>mit</strong> nicht pathologische Konstitutionen<br />

herausgearbeitet, die sie allerdings grundlegend vom superioren Modell, dem<br />

Mann, unterscheiden würden (u. a. Bleier 1984: 2-7; Birke 1986: 14-25; Fausto-<br />

Sterling 1992 [1985]; Schiebinger 1993 [1989]: 268-297; Palm 2005: 187-194).<br />

Anders ist dies bei Menschen, die aus dem Raster der Binaritäten, bspw. in Bezug<br />

auf Geschlecht, herausfallen. Bei ihnen wird ebenfalls eine Minderwertigkeit postuliert,<br />

diese allerdings <strong>mit</strong> pathologischen Zuschreibungen verbunden. Sie gelten<br />

als behandlungsbedürftig. Als ›die Anderen‹, ›die Unnormalen‹, ›die Abweichungen‹<br />

bilden sie oftmals den Ausgangspunkt für die Beschäftigung <strong>mit</strong> der ›normalen‹<br />

Konstitution des Mannes/Menschen (und der Frau) (Bleier 1984: 197-199;<br />

Birke 1986: 14-25; Fausto-Sterling 2000: 20-111). An den Beispielen Sexismus<br />

und Rassismus werden die diskriminierenden Inhalte bisheriger biologisch-medizinischer<br />

Wissenschaften besonders deutlich:<br />

Sexismus: Neben der Betrachtung ›der Frau‹ als minderwertig im Vergleich<br />

zum Mann, wird ›sie‹ in biologischen Beschreibungen oftmals <strong>mit</strong> der Funktion<br />

der Mutterschaft in Verbindung gebracht. Dies geschieht eng eingebunden in ein<br />

entsprechendes gesellschaftliches Muster. Frauen werden <strong>mit</strong> einer als natürlich<br />

betrachteten Funktion der Reproduktion, als ›Nährboden des Embryos‹ (daher<br />

auch der häufige Vergleich <strong>mit</strong> ›Natur‹) beschrieben. Entsprechend rücken als<br />

21 Für die Beschreibung beweglicher Elemente in der Erbmasse (Transposons) erhielt McClintock mehr als dreißig<br />

Jahre später (1983) den Nobelpreis für Medizin. Mit dem Ansatz, selbst »ein Teil des Systems« zu werden und<br />

ein »Gefühl für den Organismus zu entwickeln« dürfte McClintock der Einsatz ihrer ›Entdeckung‹ in der Gentechnologie<br />

missfallen (vgl. Keller 1989 [1982]: 246 f.; Keller 1997 [1983]).<br />

244

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