Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
»The concept enables sociologists to describe given heterogenous associations in<br />
a dynamic way and to follow, too, the passage from one configuration to another«<br />
(Callon 1987: 100). 12 Das Aktant-Netzwerk ist ein Übersetzungsnetzwerk und es<br />
ist zugleich der Ort, an dem Aussagen, technische Geräte und menschliche Akteure<br />
zusammenkommen und interagieren. Es kann sowohl als ein Prozess als<br />
auch als ein Ergebnis des Forschungsverlaufs gesehen werden. Das Aktant-Netzwerk<br />
agiert dabei gleichzeitig selbst als ein Aktant, indem es eine Verbindung<br />
zwischen den heterogenen Bestandteilen herstellt. 13 Das analytische Konzept des<br />
Aktant-Netzwerks ermöglicht es, diese Verbindungen zu untersuchen. Die <strong>Methode</strong>n<br />
interagieren im Rahmen dieses Netzwerks <strong>mit</strong> den anderen Aktanten, d. h. <strong>mit</strong><br />
den Menschen und deren spezifischen Erfahrungen und Wissensbeständen, <strong>mit</strong><br />
den Geräten, die erdacht und benutzt werden, <strong>mit</strong> den Theorien, auf die zurückgegriffen<br />
wird, <strong>mit</strong> den <strong>Methode</strong>n, die angewendet werden, <strong>mit</strong> den Inskriptionen,<br />
die angefertigt werden usw. Dabei entstehen nicht zuletzt auch Übereinkünfte<br />
über die Gültigkeit einer bestimmten <strong>Methode</strong>, denn die Validität einer <strong>Methode</strong><br />
hängt von der Stärke der Einbindung in ein Aktanten-Netzwerk ab.<br />
Der Netzwerk-Begriff bietet gegenüber dem Systembegriff 14 den Vorteil, dem<br />
vereinheitlichenden Prinzip des Systemkonzeptes aus dem Weg zu gehen, da dem<br />
Netzwerk keine homogenisierende Wirkung, sondern Heterogenität zugeschrieben<br />
wird. Eine weitere begriffliche Neuentwicklung, die eine ähnliche Konzeption<br />
verfolgt und dabei den Systembegriff vermeidet, hat der US-amerikanische<br />
Kulturanthropologe Paul Rabinow <strong>mit</strong> dem Modell der ›Assemblage‹ im Rahmen<br />
seiner »Anthropologie des Zeitgenössischen« vorgelegt. Der Begriff kann <strong>mit</strong><br />
Montage, Anordnung oder Gefüge übersetzt werden. Rabinow sieht die ›Assemblage‹<br />
als ein Gefüge aus verschiedenen Elementen wie beispielsweise Menschen,<br />
Interessen, sozialen Praktiken, Unternehmen und Institutionen. Er möchte da<strong>mit</strong><br />
auf die Unabgeschlossenheit und permanente Wandelbarkeit dieser Gefüge hinweisen<br />
(Rabinow 1999). Große Ähnlichkeiten bestehen auch zum Begriff des<br />
›Agencement‹, wie er von Deleuze und Guattari (1980: 412) geprägt wurde. Sie<br />
verstehen darunter Maschine oder Apparat. Die Begriffe Assemblage, Agencement<br />
ebenso wie Laws Begriff einer »structure of heterogenous elements« (Law<br />
1986: 14) können ebenfalls als ein adäquates Konzept gelten, um das Gefüge von<br />
Menschen und Nicht-Menschen zu beschreiben. Alle Konzepte verweisen auf die<br />
Prozesshaftigkeit, die Unabgeschlossenheit und Offenheit der Verbindungen.<br />
11 Diese sprachen dabei von einem »actor-network«. (Latour 1987; Callon 1987)<br />
12 »Das Konzept befähigt Soziologen, die gegebenen heterogenen Verbindungen in dynamischer Weise zu beschreiben<br />
und zugleich dem Übergang von einer Konfiguration in die Andere zu folgen.«<br />
13 Ähnliches findet sich auch in Laws Konzept einer »structure of heterogenous elements«. (Law 1986, 14).<br />
14 Dieser wird beispielsweise vom Wissenschaftsforscher Thomas Hughes in seinem Konzept des »technological<br />
systems« verwendet (Hughes 1987, 51).<br />
279