Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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hergehenden Seiten wurden einzelne ›Strömungen‹ feministischer Wissenschaftskritik<br />
verschränkt betrachtet, ihre Wirkmacht und Berechtigung gegenüber einem<br />
androzentrischen System herausgestellt. Jetzt werden sie kurz einzeln, <strong>mit</strong> besonderem<br />
Augenmerk auf den Umgang <strong>mit</strong> einem ›Subjekt Frau‹ und der Möglichkeit<br />
oder Unmöglichkeit von (objektiver) Wissenschaft betrachtet:<br />
Der Feministische Empirismus geht davon aus, dass Wissenschaften prinzipiell<br />
wertfrei sein können, wenn sie sich an ihre eigenen Standards halten. Dazu müssten<br />
sie von androzentrischen, kulturellen Vorurteilen bereinigt werden. Vor diesem<br />
Hintergrund setzen sich die Anhängerinnen dieser Strömung dafür ein, dass<br />
Frauen gesellschaftlich und in den Wissenschaften vollkommen gleichgestellt<br />
werden. Mit Frauen in den Wissenschaften würden die Möglichkeiten steigen,<br />
›wertfreie‹ Erkenntnisse zu erlangen.<br />
Die Feministische Kritische Theorie (inkl. feministische Standpunkt-Erkenntnistheorie)<br />
steht Wissenschaften positiv gegenüber, betrachtet sie aber als gesellschaftlich<br />
geprägt. Wissenschaften könnten nicht ›wertfrei‹ sein. Entscheidend<br />
sei, dass sich Wissenschaften nicht an einer monopolisierten Gruppe ausrichteten,<br />
sondern an den Interessen der Allgemeinheit. Zu diesem Zweck müsse der Anteil<br />
der Frauen in den Wissenschaften und in anderen gesellschaftlichen Bereichen<br />
erhöht werden. Wenn Frauen über Inhalte (pluralistisch, individualisierend,<br />
ethisch), <strong>Methode</strong>n (Datenaufnahme, Ergebnisdiskussion) und Strukturen (Finanzen,<br />
Netzwerke) <strong>mit</strong>entscheiden könnten, würden sich die Wissenschaften als ›objektivere‹<br />
darstellen.<br />
Feministische Ökologie fokussiert ihre <strong>Kritik</strong> auf die die androzentrischen<br />
Wissenschaften prägenden Technologien und Sexismen, die für Ausbeutung und<br />
Zerstörung der Umwelt verantwortlich seien. Ein größerer Anteil an Frauen in allen<br />
gesellschaftlichen Bereichen, wie auch in den Wissenschaften, würde zur Nutzung<br />
sensiblerer Methodiken und zu einem schonenderen Umgang <strong>mit</strong> der Umwelt<br />
führen.<br />
Feministischer Postmodernismus hat herausgearbeitet, dass Frauen in unterschiedlichen<br />
materiellen Verhältnissen leben, unterschiedlichen Zugang zu Ressourcen<br />
haben und unterschiedlichen Diskriminierungen – u. a. einige Frauen<br />
auch rassistischen, antise<strong>mit</strong>ischen, antimuslimischen Diskriminierungen – unterliegen.<br />
Feministische Postmodernistinnen distanzieren sich von einem konsistent<br />
gedachten ›Subjekt Frau‹. Sie stellen die Möglichkeit ›objektiven Wissens‹ in<br />
Frage und betrachten Wissenschaft als Mythos, der unsere Zeit bestimme. Sie betonen<br />
Macht- und Dominanzmechanismen, die jedem kulturellen Verständnis,<br />
insbesondere dem derzeitigen westlichen, zu Grunde liegen würden. Diese Dominanzmechanismen<br />
sollen offengelegt werden.<br />
L. Birke, R. Bleier, E. F. Keller, S. Harding, A. Fausto-Sterling etc. sind in<br />
ihren Ausführungen mehr oder weniger für die ersten drei Kategorien prägend.<br />
Sie führen aus, dass sich durch die Anwesenheit von Frauen Wissenschaften verändern<br />
würden. Wissenschaften, die sich bisher versuchen, frei von jeder Subjek-<br />
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