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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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genstandsspezifische <strong>Methode</strong>nentwicklung kann also nicht nur heißen, dem Einzelgegenstand<br />

angemessene Instrumente zu entwickeln, sondern diese immer auch<br />

bezogen auf ihre gesamtgesellschaftliche Ver<strong>mit</strong>teltheit zu beziehen.<br />

»Die Frontstellung zwischen den beiden Forschungsrichtungen [der sog. quantitativen<br />

und der qualitativen Forschung] [...] entspringt nicht aus prinzipiellen<br />

Unvereinbarkeiten ihrer Forschungspraxis, sondern aus unterschiedlichen wissenschafts-<br />

und forschungspolitischen Auffassungen über die Rolle einer empirischen<br />

Soziologie als gesellschaftlicher Praxis, die dem Gegenstand, den sie erforschen<br />

möchte, zugleich als integraler Teil angehört.« (Wienold 2000: 9)<br />

Nach einer Klärung kategorialer Bezugsebenen als gegenstandsspezifische<br />

Ver<strong>mit</strong>tlungszusammenhänge zur gesamtgesellschaftlichen Totalität als deren zu<br />

differenzierende Funktionsebenen (in ihrer historischen Genese), kann für die aktualempirische<br />

Anwendung methodischer Instrumente nicht mehr das Kriterium<br />

eines qualitativen oder quantitativen Bezugsrahmens gelten, sondern ihre methodologische<br />

Kompatibilität. Hierbei ergibt sich die Vereinbarkeit der Gegenstandsspezifik<br />

von <strong>Methode</strong>n nicht aus ihnen selbst, sondern bezieht sich vielmehr auf<br />

die gegenstandsangemessene Interpretation der gewonnenen Datensätze und<br />

deren methodologisch angemessene Analyse. Ziel empirischer Forschung ist die<br />

möglichst tiefe und genaue Erfassung des fokussierten Gegenstandes als methodologisch<br />

gegenstandsangemessene Datenanalyse.<br />

2. Der Zugang zum Forschungsfeld Lagerunterbringung<br />

Zentrale Strukturkomponente der Lagerbedingungen als spezifisches gesellschaftliches<br />

Feld ist die gesetzlich festgeschriebene Entrechtung sowohl des Lagers als Sozialraum<br />

als auch seiner BewohnerInnen. Die Gesetze, die nur für MigrantInnen<br />

<strong>mit</strong> einem prekären Aufenthalt gelten, reduzieren die normalerweise zuerkannten<br />

Rechte und entrechten so<strong>mit</strong> relational im Verhältnis zum normalen<br />

bürgerlich-rechtlichen Subjektstatus der Bundesrepublik und auch relational im<br />

Verhältnis zu den normalen Rechten, die MigrantInnen <strong>mit</strong> einem gefestigten<br />

Aufenthalt zuerkannt werden. Zentrale gesetzliche Instrumente sind: Lagerunterbringung,<br />

eingeschränkter Arbeitsmarktzugang, Ausbildungs- und Studienverbot,<br />

Bezug gekürzter ›Hilfe zum Lebensunterhalt‹ in Form von Sachleistungen, eingeschränkte<br />

medizinische Versorgung, Wohnsitzauflage in den Unterkünften, Residenzpflicht.<br />

Diese Mechanismen der relationalen Entrechtung führen zu einem gesellschaftlichen<br />

Ausschluss, die Lebensweisen unter entrechteten Bedingungen<br />

organisieren sich rund um den Einschluss im Lager. Ziel des empirischen Teils meiner<br />

Forschung ist das Verstehen des gesellschaftlich Exkludierten. Die staatliche<br />

Entrechtung und die da<strong>mit</strong> zusammenhängende gesellschaftliche Exklusion errichten<br />

symbolische wie materielle Barrieren, die den Zugang zu den Lagern und den<br />

dort eingeschlossenen MigrantInnen verhindern sollen und de facto erschweren.<br />

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