Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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1.2. Veranschaulichung der EF(2): Antirassistische Bildungsarbeit<br />
In einem Forschungsbündnis <strong>mit</strong> anderen Bildungsarbeiter/innen 4 werde ich versuchen,<br />
antirassistische/interkulturelle Bildungsarbeit weiter zu entwickeln. Ansatzpunkt<br />
sind in diesem »Anwendungsfall« der EF/SF Bildungspraxen als eine<br />
Form der professionellen Handlungsfähigkeit von Bildungsarbeiter/innen, die<br />
diesen selbst problematisch erscheinen, und an deren Weiterentwicklung sie interessiert<br />
sind. Die inhaltliche Stoßrichtung der Forschung besteht darin, diese Praxen<br />
(regelmäßig benutzte Bildungsmodule/-methoden inklusive der konzeptionellen<br />
Vorannahmen) auf immanente Widersprüche zu analysieren und auszuloten,<br />
welche konzeptionell weitergehenden Handlungsmöglichkeiten nutzbar wären<br />
und was dem entgegen steht (restriktive/verallgemeinerte Handlungsfähigkeit).<br />
An den Widersprüchen, in denen Bildungsarbeit sich bewegt, sind ausgehend<br />
von dieser Handlungsproblematik drei Dimensionen hervorzuheben: (1) Gesellschaftliche<br />
Kräfteverhältnisse in Bezug auf Rassismus/Rechtsextremismus, da<strong>mit</strong><br />
ver<strong>mit</strong>telte (2) vorherrschende wissenschaftlich-didaktische Konzepte der antirassistischen/interkulturellen<br />
Bildungsarbeit sowie (3) Notwendigkeiten der individuellen<br />
Reproduktion. Die Klärung dieser Dimensionen resultiert aus der Rezeption<br />
gesellschafts- und erziehungswissenschaftlicher Debatten, auf die sich Bildungsarbeit<br />
bezieht, und aus einem umfangreichen Praxiswissen. 5 Im Rahmen subjektwissenschaftlicher<br />
Forschung haben derartige soziologisch-politikwissenschaftliche<br />
Analysen die Funktion einer Bedeutungsanalyse. Ausgehend von einer konkreten<br />
Handlungsproblematik wird ein Verständnis jener institutionell-gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse entwickelt, aus denen die jeweilige Handlungsproblematik verständlich<br />
ist. Auf diese Weise können Hypothesen darüber formuliert werden, in welchen<br />
(widersprüchlichen) Konstellationen z. B. (eine als unzureichend empfundene)<br />
Bildungsarbeit (als professionelle Form von Handlungsfähigkeit) begründet<br />
ist. Scheitern, Unzufriedenheit etc. von Bildungsarbeiter/innen werden in der Kritischen<br />
Psychologie also nicht personalisierend als Resultat irgendwelcher Persönlichkeitsmerkmale,<br />
Eigenschaften oder mangelnder Kompetenz gedacht, sondern<br />
als Resultat der Tätigkeit in widersprüchlichen gesellschaftlich-sozialen<br />
Verhältnissen. Die Bedingungs-Bedeutungs-Analyse kann hier nur in ihrer Richtung<br />
angedeutet werden. 6<br />
Antirassistische und interkulturelle Trainings stellen einen wesentlichen<br />
Beitrag in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung <strong>mit</strong> Rassismus/Rechtsextre-<br />
4 Ich habe selbst für die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin Bildungsarbeit in verschiedenen Zusammenhängen<br />
und Formen praktiziert (thematische Fortbildungen für Bürger/innen, Pädagog/innen oder antirassistische<br />
Trainings <strong>mit</strong> Jugendlichen etc.); einige der dabei gewonnenen Erkenntnisse über Grenzen und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
der gegenwärtigen Bildungsarbeit im Feld Rechtsextremismus/Rassismus habe ich<br />
einfließen lassen in ein Argumentationstraining gegen rechts(extrem)e Parolen (vgl. Reimer/Köhler 2007)<br />
5 Einzelverweise würden hier den Rahmen sprengen, gemeint sind Beiträge zum Komplex (Anti)Rassismus/<br />
Rechtsextremismus (Analysen, Beschreibungen, Einstellungsmessungen etc.) sowie Praxiswissen aus meiner<br />
Tätigkeit in einer der staatlich geförderten zentralen Maßnahmen (vgl. FN 4).<br />
6 In Reimer (2007a, b i. E.) analysiere ich die widersprüchlichen Bedeutungskonstellationen, in denen antirassistische<br />
Bildungsarbeit sich bewegt, genauer.<br />
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