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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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mung »gemeinsam« in Bezug auf das Handeln von »Unternehmen und Mitarbeitern«<br />

auftaucht, lässt sich auch hier die gleiche Bezugsgröße annehmen. Vor dem<br />

Hintergrund dieser Lesart lässt sich die Sequenzstelle als ein Appell verstehen,<br />

der an eine am deutschen Industriestandort gebundene Wir-Gruppe, d. h. an die<br />

deutsche Bevölkerung (inkl. Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmerinnen), adressiert<br />

ist. Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeberinnen werden dann durch den Bezug<br />

auf den Industriestandort Deutschland als Wir-Gruppe geeint und müssen sich zusammen<br />

gegen andere Industriestandorte wirtschaftlich behaupten. d. h., dass die<br />

Differenz zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeberinnen zugunsten der Differenz<br />

zwischen verschiedenen Industriestandorten vom Text zurückgestellt bzw.<br />

zur sekundären Differenz wird. Zudem lässt sich hier dann auch für eine der eingangs<br />

aufgestellten Lesarten schon entscheiden. Der Text spricht weiterhin von<br />

der Arbeitszeitdebatte und betont das gemeinsame Handeln, es wäre daher merkwürdig<br />

– wenn auch nicht unmöglich –, wenn die Arbeitszeitdebatte keine regulierende<br />

und problemlösende Kraft aufwiese. Auch im weiteren Textverlauf wird<br />

noch deutlicher, dass sich zugunsten für die erste zu Anfang aufgestellte Lesart<br />

entschieden werden kann. Demnach lässt sich schon mal davon ausgehen, dass<br />

der Text im Folgenden erklärt, wie Arbeitszeitregulierungen zu verändern sind<br />

und warum diese sich als problemlösende politische Handlungen erweisen.<br />

2.3. Unkluge Debatte<br />

»Derzeit geht es in der Debatte zu wie auf einer Versteigerung: Politik, Wirtschaftswissenschaftler,<br />

Vertreter der Wirtschaft – jeder legt noch einen ›klugen‹<br />

Vorschlag obendrauf: eine Urlaubswoche weniger, flächendeckend 42, 44 oder 50<br />

Wochenstunden, die 6-Tage-Woche, die Streichung ›überflüssiger‹ Feiertage.«<br />

Das Bild der Debatte, die selbst zum Problem wird, anstatt zielführend für die<br />

Lösung des primären Problems der »Jobabwanderung« zu sein, wird nun spezifiziert.<br />

Demnach würden »Politik, Wirtschaftswissenschaftler, Vertreter der Wirtschaft«<br />

ständig neue Vorschläge machen. Diese Vorschläge werden vom Text als<br />

»›klug‹« bezeichnet. Durch die Anführungszeichen wird die Bedeutung von klug<br />

umgekehrt und ironisiert. Es handelt sich nicht um kluge, sondern ganz im Gegenteil<br />

um kontraproduktive und dumme Vorschläge, die sich höchstens als klug<br />

darstellen.<br />

Die gesamte Arbeitszeitdebatte wird <strong>mit</strong> der Metapher der »Versteigerung« beschrieben.<br />

Dieser Begriff, der ›ursprünglich‹ eine spezielle Form des Verkaufs<br />

von Waren meint, wird hier im Kontext einer politischen Debatte zu einer Meta-<br />

direkter Form ›angewiesen‹ sind. Da das deutsche »wir« sowohl die Adressatin einer bestimmten Äußerung <strong>mit</strong><br />

einschließen kann (inklusives wir: »Wir müssen da mal was bereden«) als aber auch ausschließen kann (exklusives<br />

wir: »Wir haben im Gegensatz zu dir…«), muss es durch weitergehende Bestimmungen spezifiziert werden.<br />

Die adverbiale Bestimmung »gemeinsam« in Kombination <strong>mit</strong> dem Verweis auf den »Industriestandort Deutschland«<br />

reicht m. E. an dieser Sequenzstelle schon aus, um diese Lesart zu bestätigen. Aber auch der weitere Text<br />

bestätigt diese Lesart.<br />

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