Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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2.2. Zwei Problemebenen<br />
Der Zeitungsartikel von Martin Kannegiesser ist <strong>mit</strong> folgender Überschrift betitelt,<br />
welche zugleich auch als Anfangssequenz für meine Analyse dient: »Die Tarifpartner<br />
regeln das am besten selbst – Wilde Vorschläge zur Arbeitszeit helfen<br />
nicht. Unternehmen und Mitarbeiter müssen die Jobabwanderung gemeinsam<br />
bremsen.«<br />
In der Überschrift wird der Vorschlag formuliert, dass die »Tarifpartner« einen<br />
hier aber noch nicht genauer bestimmten Sachverhalt (»das«) »regeln« sollten.<br />
Den »Tarifpartnern« wird so<strong>mit</strong> eine bestimmte Regulierungsbefugnis und Regulierungskompetenz<br />
zugeschrieben. Da der Text hier einen Vorschlag macht, eine<br />
bestimmte Regulierungsinstanz zu nutzen – eben die »Tarifpartner« – und dies als<br />
die beste Möglichkeit wertet (»am besten«), wird sichtbar, dass auch andere Möglichkeiten<br />
denkbar wären und es aus der Sicht des Textes <strong>mit</strong> aller Wahrscheinlichkeit<br />
auch Bestrebungen von bestimmten Akteurinnen gibt »das« zu regeln.<br />
Gäbe es keine anderen Akteurinnen, die einen Anspruch auf die Regulierungskompetenz<br />
erheben – seien dies nun allgemein akzeptierte oder aber sich selbst ermächtigende<br />
Akteurinnen –, so wäre es inhaltlich sinnlos solch einen Vorschlag zu<br />
machen. Es würde dann ja schon von den Tarifpartnern geregelt werden bzw. es<br />
wäre kein alternatives Verfahren, von dem man sich abgrenzen muss, erkennbar.<br />
Dabei ist die Bezeichnung »Tarifpartner« zu beachten. Andere mögliche Begriffe,<br />
um diese Personengruppe zu bezeichnen, sind beispielsweise in »Tarifparteien«<br />
oder aber in »Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände« zu sehen. Der<br />
Begriff »Tarifpartner« geht allerdings im Unterschied zu den anderen hier genannten<br />
Begriffen von einem partnerschaftlichen und da<strong>mit</strong> symmetrischen Verhältnis<br />
aus. Es wird also auf die wechselseitige Bindung und den Nutzen, den<br />
beide Partner von ihrer Beziehung haben, aufmerksam gemacht. Es handelt sich<br />
demnach um einen Begriff, der das Verhältnis zwischen Arbeitgeberinnen- und<br />
Arbeitnehmerinnenvertretern (so lauten dann meine Begriffe hier) als ein für<br />
beide Seiten ›lohnendes‹ oder zumindest gleichberechtigt-balanciertes Verhältnis<br />
beschreibt, ganz im Gegensatz beispielsweise zu einer Bezeichnung wie »Kapital<br />
und Arbeit«, die hier auch möglich gewesen wäre.<br />
Durch den Superlativ »am besten« wird die vorgeschlagene Regulierungsinstanz<br />
bewertet und auf diese Art implizit auch <strong>mit</strong> anderen möglichen Instanzen<br />
verglichen. Die »Tarifpartner« erscheinen dabei als die beste zu nutzende Möglichkeit,<br />
welche da<strong>mit</strong> anderen Möglichkeiten vorzuziehen ist. Der Text begibt<br />
sich durch diese Aussage in eine Position besseren Wissens oder macht sich zumindest<br />
selbst als eine Instanz geltend, die befähigt und kompetent genug ist, um<br />
Beurteilungen und Empfehlungen zu geben. Er kann demnach einschätzen, was<br />
am besten zu tun ist und erteilt einem noch nicht genauer bestimmten Adressatinnenkreis<br />
eine Handlungsanweisung. Es bleibt bis hierhin noch offen, welcher Gegenstand<br />
reguliert werden soll, welche alternativen Instanzen es gibt und nach<br />
welchen Kriterien bestimmt wurde, was »am besten« ist.<br />
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