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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Gesellschaftliche Felder als Gegenstände empirischer Forschung können unterschiedliche<br />

Zusammenhänge fassen wie »[...] eine bestimmte Institution, eine<br />

Subkultur, eine Familie, eine spezifische Gruppe von ›Biographieträgern‹ oder<br />

Entscheidungsträgern in Verwaltung oder Unternehmen [...].« (Flick 2005: 87)<br />

Der Zugang zu diesen sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Feldern ist immer<br />

ein zentrales Problem in der empirischen Sozialforschung und <strong>mit</strong> verschiedenen<br />

Barrieren und Hürden verbunden, für deren Überwindung sich als erfolgreich erwiesene<br />

Herangehensweisen archiviert und weiterentwickelt und nach Problemlagen<br />

und Feldstrukturen systematisiert wurden (siehe Wolff 2004: 339 ff.). Felder<br />

gesellschaftlicher Entrechtung und <strong>mit</strong> diesem Prozess verbundene Probleme des<br />

Feldzugangs und Strategien zur Überwindung der staatlich errichteten symbolischen<br />

wie materiellen Barrieren werden in der <strong>Methode</strong>nliteratur nicht systematisch<br />

behandelt und auch im Rahmen der vorhandenen Untersuchungen zur Lagerunterbringung<br />

in der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Diskussion der<br />

methodischen Probleme des Feldzugangs. In den vorhandenen Untersuchungen<br />

zur Lagerunterbringung werden die Zugänge nur beschrieben, es findet jedoch<br />

keine systematische Diskussion der entstandenen Schwierigkeiten statt, die sich<br />

direkt aus den staatlichen Entrechtungsinstrumenten ergeben und die immer auch<br />

das Ziel haben, den Zugang zu erschweren und zu kontrollieren und so<strong>mit</strong> Bestandteil<br />

des Untersuchungsgegenstandes sind.<br />

2.1. Das Auffinden der Lager<br />

Die einzelnen Entrechtungsinstrumente bedingen unterschiedliche Barrieren beim<br />

Feldzugang. Im Mittelpunkt der Forschung steht das Lager als sozialer Raum.<br />

Das Lager ist für die BewohnerInnen jedoch mehr als ein entrechteter Wohnort;<br />

als zwangsweiser Lebens<strong>mit</strong>telpunkt wird er zum Kumulations- und Kreuzungspunkt<br />

der Wirkungsmächtigkeit der einzelnen Entrechtungsinstrumente. Zentrale<br />

Funktionsweisen der Lagerunterbringung sind – neben dem Herabsetzen der<br />

Lebensstandards der Betroffenen – die Mechanismen der Isolierung und des örtlichen<br />

Versteckens. Die örtliche Lage macht einen Zugang zu den Lagern schwierig,<br />

das Auffinden soll strukturell vermieden werden, Ziel ist eine gesellschaftliche<br />

Unsichtbarmachung der Orte des Ausschlusses. Die halboffenen Flüchtlingslager<br />

der Bundesrepublik Deutschland liegen in der Regel tief versteckt in Wäldern, an<br />

den Rändern kleiner Dörfer und Städte oder in heruntergekommenen Industriegegenden,<br />

alten Kasernen oder auch auf ausgemusterten Containerschiffen. Zwar<br />

können die Lager bei Bedarf der Politik zur symbolischen Manifestation rassistischer<br />

Bilder in die Öffentlichkeit verlegt werden, doch Normalität sind Isolation<br />

und das Verstecken vor kritischen Blicken. Dieses Verstecken korrespondiert <strong>mit</strong><br />

einer diskursiven Leerstelle, nur sehr selten und vereinzelt werden die Folgen der<br />

Lagerunterbringung benannt, und dann auch nur in linken oder links-liberalen<br />

Medien. Innerhalb des hegemonialen Diskurses und den dadurch <strong>mit</strong>bestimm-<br />

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