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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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sehen und von diesem Standpunkt aus dafür votieren, alle Anstrengungen auf<br />

aktiven Wandel zu verlegen, statt durch Engagement in Wissenschaften Teil des<br />

Systems zu werden.<br />

3. Ausblick<br />

Feministische Wissenschaftskritikerinnen haben bedeutenden Anteil daran, dass<br />

<strong>mit</strong>tlerweile Erkenntnisse in (westlichen) Wissenschaften nicht mehr als unumstößliche<br />

Wahrheiten gelten. Wissenschaften sind in gesellschaftliche Kontexte<br />

eingebettet; überhaupt mögliche Erkenntnis wird gesellschaftlich beschränkt. Bislang<br />

dienen (insbesondere biologisch-medizinische) Wissenschaften dazu, rassisierte,<br />

sexisierte und pathologisierte Ausschlüsse von Menschen aus Gesellschaften<br />

zu fundieren. Feministische Wissenschaften haben dem gegenüber Visionen<br />

anderer Wissenschaften entworfen, die u. a. keine sexistischen oder rassistischen<br />

Ausschlüsse mehr vornähmen und beitragen könnten, emanzipatorische Gesellschaftsmodelle<br />

zu entwickeln.<br />

Zur Überwindung androzentrischer Wissenschaften ist eine zunächst widersprüchlich<br />

erscheinende Vorgehensweise erforderlich: der Ausschluss von Frauen<br />

(und anderer Marginalisierter) muss thematisiert und beendet werden; Strukturen,<br />

Methodiken und Inhalte der Wissenschaften müssen entsprechend analysiert und<br />

revolutioniert werden. Demgegenüber ist es notwendig, vergeschlechtlichte Differenzen<br />

zurückzuweisen – was auf eine Unsichtbarkeit von Geschlecht hinauslaufen<br />

wird. Nur beide Vorgehensweisen zusammen können geschlechtliche Diskriminierungen<br />

(und Vergeschlechtlichungen überhaupt) beenden. Bereits zum jetzigen<br />

Zeitpunkt nicht mehr auf Diskriminierungen von Frauen im Wissenschaftsbetrieb<br />

zu verweisen, würde hingegen dazu führen, dass androzentrische Ausschlüsse weiterhin<br />

wirksam funktionierten – was sich u. a. noch immer darin äußert, dass auch<br />

in den Arbeiten von sich selbst als kritisch ausweisenden Wissenschaftlerinnen oftmals<br />

nahezu ausschließlich sozialisierte Männer zitiert werden.<br />

Deutlich geworden sind in diesem Beitrag methodische und inhaltliche Hinweise,<br />

die jede Biologin in die eigene Forschungspraxis integrieren kann. Konkret<br />

gilt es methodisch u. a., die Übertragbarkeit von an Tieren gewonnenen Daten auf<br />

den Menschen, die gewählte Einteilung der Probandinnengruppe, die Größe der<br />

Stichprobe, und die Auswirkung von »Störgrößen«, insbesondere bei invasiven<br />

Verfahren, zu hinterfragen. Bei der Einteilung der Probandinnen in Gruppen gilt<br />

es, alltägliche Vorurteile (wie weiblich, männlich) zu reflektieren und zu vermeiden.<br />

Jede Forschende sollte für die eigene Forschung die Frage aufwerfen (und<br />

ggf. immer wieder im Forschungsprozess stellen), ob das Anliegen, verallgemeinerbare<br />

Daten zu generieren, nicht Sichtweisen und mögliche andere »Erkenntnisse«<br />

versperrt. (Unhierarchischen) Wechselwirkungen von Faktoren nachzugehen, Individualität<br />

wahrzunehmen, die Wirkung sozialer Prozesse (in der Hirnforschung<br />

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