09.11.2012 Aufrufe

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

In der Ausreiseeinrichtung Bramsche war das wissenschaftliche Renommee<br />

meines Betreuers Prof. Wolf-Dieter Narr der Türöffner für unser zweitägiges<br />

Wohnen in dem Lager und für die freundliche Kooperation der Lagerleitung. Da<br />

das Lager in Bramsche einerseits zentrales Vorzeigelager des Landes Niedersachsen,<br />

andererseits jedoch verstärkt in <strong>Kritik</strong> geraten ist, versprach sich die Leitung<br />

von der Unterstützung unserer Evaluation einen wissenschaftlichen Bericht, der<br />

ihre Sicht auf die ›humanitäre‹ Ausrichtung des Lagers unterstützen sollte.<br />

2.4. Symbolische Barrieren innerhalb der Lager<br />

Innerhalb der Lager eröffnet sich ein sozialer Raum, der durch seine Konstitutionsbedingungen<br />

alle in diesen Eintretenden rassistisch markiert. Die sich innerhalb<br />

des Lagers aufhaltenden Menschen – BewohnerInnen, BesucherInnen, MitarbeiterInnen<br />

– werden anhand einer binären Logik rassifiziert, unterteilt in die<br />

›Weißen-Nicht-BewohnerInnen‹ und die ›Farbigen-BewohnerInnen‹. Sowohl ich,<br />

als ›weißer (männlicher) Wissenschaftler‹ oder auch als ›weißer Aktivist‹, als<br />

auch mein Begleiter als ›Wissenschaftler <strong>mit</strong> Migrationshintergrund‹ oder ›Aktivist<br />

<strong>mit</strong> Migrationshintergrund‹, wurden aus dieser den Blick strukturierenden<br />

Logik der Markierung anhand der Hautfarbe eingeordnet. Hier glichen sich die<br />

Fragen der BewohnerInnen als auch der MitarbeiterInnen: Aus welchem Heim<br />

mein Begleiter käme, wie toll er deutsch sprechen würde und was ich als offensichtlicher<br />

›Nicht-Bewohner‹ in dem Heim wolle. Von Seiten der BewohnerInnen<br />

wurde mir anfänglich Distanz entgegengebracht, da ich als jemand von Außen<br />

wahrgenommen wurde, dessen Funktion und Interessen nicht offensichtlich waren<br />

und der qua Markierung zu denjenigen gehöre, die für die Bedingungen <strong>mit</strong>verantwortlich<br />

sind. Von Seiten der MitarbeiterInnen herrschte trotz der unterschiedlichen<br />

Reaktion eine freundliche Distanz vor, die <strong>mit</strong> dem universitären<br />

Status meiner Forschung und dem so codierten Wissen-Macht-Komplex zusammenhing.<br />

Meinem Begleiter gegenüber entstanden jedoch Situationen der<br />

Distanzlosigkeit z. B. durch ›normales‹ Duzen und Ausfragen als potentiellem<br />

Bewohner. Es schien in der Sozialordnung der Lager normal, dass die entrechteten<br />

BewohnerInnen geduzt und distanzlos behandelt wurden.<br />

Diese Logik des Binären strukturiert zwangsläufig die Kommunikation sowohl<br />

<strong>mit</strong> den MitarbeiterInnen als auch <strong>mit</strong> den BewohnerInnen, ein Prozess, den ich<br />

von Anbeginn meiner Erhebung an aufzubrechen bzw. für mich zu nutzen versuchte.<br />

Ein Mitglied der selbstorganisierten Flüchtlingsgruppe Flüchtlingsinitiative<br />

Brandenburg hatte Interesse, mich auf meiner Tour durch die Berliner und<br />

Brandenburger Heime zu begleiten. Er selbst hatte auf der einen Seite ein Erkenntnisinteresse<br />

an den versteckten und nur schwer erreichbaren Lagern, als<br />

Aktivist lag es ihm gleichzeitig immer am Herzen, neue MigrantInnen in den Heimen<br />

über die Organisation und die Mitarbeitsmöglichkeiten zu informieren. Ich<br />

hatte die Finanzierung für die Erhebungsfahrt und so besuchten wir die Lager als<br />

119

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!