Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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gut gestellten Elternhäusern bezahlbar und wurde in erster Linie den Söhnen ermöglicht.<br />
Eine junge Frau, die studieren wollte, brauchte nicht nur gut situierte<br />
Eltern, sondern dazu solche, die neuen gesellschaftlichen Möglichkeiten gegenüber<br />
aufgeschlossen waren, nicht starr auf tradiertem Verständnis der Rolle der<br />
Frau beharrten und auch den Töchtern Selbständigkeit durch eigene Erwerbstätigkeit<br />
zubilligten (Tobies 1997: 28 ff.; vgl. Harding 1994 (1991): 33-39).<br />
Der Ausschluss von Frauen aus Wissenschaften hält an, findet lediglich auf anderen<br />
Ebenen statt: 2004 lag der Anteil von Frauen bei den Studienanfängerinnen<br />
an den Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) der Bundesrepublik<br />
Deutschland bei 47,8 Prozent 5 (35,7 Prozent in Mathematik/Naturwissenschaften<br />
6 ). Mit zunehmendem Qualifikationsniveau, Bezahlungsniveau und Prestigegewinn<br />
sank der Frauenanteil rasch ab: an den Promotionen hatten Frauen 2004 einen<br />
Anteil von 39 Prozent (30,7 Prozent Math./Nat.) 7 , an den Habilitationen von<br />
22,7 Prozent (18,6 Prozent Math./Nat.), bei den Professuren von 13,6 Prozent<br />
(Math./Nat. nicht aufgeführt) und bei den C4-Professuren von 9,2 Prozent (Math./<br />
Nat. nicht aufgeführt). Für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen ließ<br />
sich eine ähnliche Situation feststellen. 8 Der Frauenanteil stieg dabei auf allen<br />
Ebenen seit den 1980er Jahren meist an, verblieb aber auf einem niedrigen Niveau.<br />
Innerhalb der Europäischen Union (für 1999/2000) und den USA (für 1991)<br />
stellte sich die Situation für höhere Qualifikationsniveaus ähnlich dar, wobei in<br />
der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich <strong>mit</strong> Finnland, Frankreich, Großbritannien<br />
und Spanien Frauen einen deutlich geringeren Anteil an Vollprofessuren<br />
stellten (Orland 1995: 26 f; Schinzel 2004; Allmendinger 2003). 9 Ein rascher<br />
Wandel ist bei der derzeitigen nicht quotierten Berufungspraxis nicht zu erwarten<br />
– 2004 wurden in der BRD auf nicht einmal 20 Prozent der zu besetzenden Professuren<br />
Frauen berufen.<br />
Dieser – historische und andauernde – Ausschluss von Frauen unterliegt scharfer<br />
feministischer <strong>Kritik</strong>: Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns würden beschränkt,<br />
manche Thematiken aus Wissenschaften ganz ausgeschlossen. Das gelte<br />
beispielsweise in der Medizin für die Empfängnisverhütung oder für spezifische<br />
5 53,4 Prozent an Universitäten, 37,1 Prozent an Fachhochschulen (Hochschul-Informations-System GmbH<br />
2005).<br />
6 40,1 Prozent an Universitäten, 21,2 Prozent an Fachhochschulen (Hochschul-Informations-System GmbH<br />
2005).<br />
7 Diese und die folgenden Zahlen werden von der Bund-Länder-Kommission (2006) nur für Hochschulen insgesamt<br />
aufgeführt (Bund-Länder-Kommission 2006).<br />
8 Auch an außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist <strong>mit</strong> dem Qualifikationsniveau eine Abnahme des<br />
Frauenanteils zu ersehen: 43 Prozent Doktorandinnen, 33,1 Prozent Postdoktorandinnen, 36,6 Prozent Besoldungsgruppe<br />
BatIIa/12TVöD, 19,3 Prozent BatIb/14TVöD, 8,3 Prozent BatIa/15TVöD, 5 Prozent BatI/15ÜT-<br />
VöD. In Führungspositionen dieser Einrichtungen beträgt der Frauenanteil 6,6 Prozent (Bund-Länder-Kommission<br />
2006).<br />
9 Schinzel (2004) fokussiert insbesondere die Situation in der Informatik, betrachtet aber auch die allgemeine<br />
Situation in den Naturwissenschaften. Allmendinger vergleicht die Strukturmerkmale universitärer Personalselektion<br />
der Länder USA, Türkei, Schweden und BRD und beschreibt u. a., dass der Frauenanteil an Professuren<br />
in der BRD am geringsten ausfalle.<br />
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