43. Gartenbauwissenschaftliche Tagung - (DGG) und des
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Plenarveranstaltung<br />
Die Bedeutung der Stadtvegetation für Lokalklima <strong>und</strong> Luftreinhaltung<br />
W. Endlicher<br />
Geographisches Institut der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Unter den Linden 6, 10099 Berlin<br />
wilfried.endlicher@geo.hu-berlin.de<br />
In Städten wird der globale Klimawandel durch die Bebauung noch lokal verstärkt. Der bekannteste<br />
Effekt <strong>des</strong> Stadtklimas ist dabei die Wärmeinsel, die durch die Energiespeicherung<br />
in der Bausubstanz hervorgerufen wird. Ihre Intensität, also die Differenz zum nicht verbauten<br />
Umland, kann an heiteren Sommerabenden durchaus 10 K (°C) betragen. Je größer die Stadt,<br />
<strong>des</strong>to stärker ist ihre Wärmeinsel. Dies hat durchaus positive Wirkungen auf das Pflanzenwachstum,<br />
da das Frostrisiko im Frühjahr herabgesetzt <strong>und</strong> gleichzeitig ein früherer Beginn<br />
der Vegetationsperiode zu verzeichnen ist. Das wärmere Stadtklima lässt auch exotische<br />
Pflanzen aus submediterranen Breiten gedeihen, gewollt bei der Gartengestaltung, eher ungewollt<br />
bei der Invasion von Neophyten (z.B. Götterbaum Ailanthus altissima). Die Wärmeinsel<br />
hat aber auch negative Aspekte, wie uns die Hitzewelle im Sommer 2003 vor Augen<br />
geführt hat. Die Überwärmung unserer Großstädte führte zu einer erhöhten Morbidität <strong>und</strong><br />
Mortalität insbesondere bei älteren Menschen; ca. 30 000 zusätzliche Opfer dürfte die Hitzewelle<br />
2003 in Europa gekostet haben. Hier spielen Schatten spendende, siedlungsnahe Parkanlagen<br />
eine entscheidende Rolle bei der Herabsetzung der Maximaltemperaturen. Eine vergleichende<br />
Modellierung der sommerlichen thermischen Belastung auf dem nahezu baumlosen<br />
Alexanderplatz <strong>und</strong> im Baum durchsetzten Kleinsiedlungsgebiet von Dahlem zeigt dies<br />
deutlich. Städtisches Grün in Form von Bodendeckern hilft dabei freilich wenig, es müssen<br />
schon große Kronenbäume <strong>und</strong> Parkanlagen sein. Diese Zusammenhänge sind besonders relevant,<br />
da Berechnungen ergeben, dass Hitzesommer wie der von 2003 eine Auswirkung <strong>des</strong><br />
anthropogen induzierten Zusatztreibhauseffektes sind <strong>und</strong> dass in Zukunft immer häufiger mit<br />
ihrem Auftreten zu rechnen ist.<br />
Ein weiterer Effekt der Stadtvegetation ist ihre Filterwirkung auf Schwebstaub (Particulate<br />
Matter = PM). Die europäische Tochterrichtlinie aus dem Jahr 1999 mit verschärften Grenzwerten<br />
von PM10 ist seit Anfang 2005 in Kraft. In Städten konnten vielerorts an stark Verkehr<br />
belasteten Straßen die Grenzwerte aber nicht eingehalten werden. Straßenbegleitvegetation<br />
filtert zwar gröbere Partikel aus der bodennahen Atmosphäre, kann dabei keinesfalls Dieselrußfilter<br />
ersetzen, da die schädigende Wirkung mit abnehmender Partikelgröße steigt.<br />
BHGL – <strong>Tagung</strong>sband 24/2006