Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Debatte<br />
als Verstärkung der kollektiven betrieblichen Mitbestimmung, nicht als ihren<br />
Ersatz. Mitbestimmung kann so gestaltet sein, dass Belegschaften sich vertreten<br />
fühlen und zugleich aktiv Beteiligung ausüben können. Und das nützt<br />
dem Unternehmen und seinem Erfolg.<br />
In dieser Weise verstanden kommt Demokratie am Arbeitsplatz nicht<br />
ohne kollektive Interessenvertretung innerhalb und außerhalb des Betriebes<br />
aus, im Gegenteil, Letztere schafft erst die Voraussetzung und Bewegungsfreiheit<br />
für individuelle Teilhabe und Wahrnehmung von Rechten. Dabei sollte<br />
Teilhabe nicht auf materielle Beteiligung am Unternehmen reduziert oder<br />
damit gleichgesetzt werden. Materielle Beteiligung am Unternehmen ist eine<br />
zusätzliche Übernahme finanzieller Risiken durch Beschäftigte.<br />
DAIMLER AG<br />
Die Daimler AG ist als<br />
DAX-30-Unternehmen eines<br />
der Zugpferde der deutschen<br />
(Export-)Wirtschaft. Weltweit<br />
erwirtschaften fast 285.000<br />
Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter einen Umsatz<br />
von ca. 150 Milliarden Euro.<br />
Als weltweit bekannter Automobilhersteller<br />
ist Daimler<br />
ein zentraler Akteur, der<br />
arbeitgeberseitig Interessen<br />
bezüglich der Arbeit der<br />
Zukunft formuliert.<br />
Digitalisierung ist gleichzusetzen mit Schnelligkeit, Flexibilität und<br />
Transparenz. In Ländern mit hoher Mitbestimmung sind Mitbestimmungsrechte<br />
entsprechend anzupassen, um die vorhandene Geschwindigkeit,<br />
Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere in den heutigen<br />
Industrieländern, zu erhalten und weiter auszubauen. Unternehmen und<br />
Betriebsräte sowie Gewerkschaften müssen in ihren Positionen vernetzt und<br />
international denken. Die Forderung nach einer <strong>erweiterte</strong>n betrieblichen Mitbestimmung<br />
geht an den Erfordernissen der Digitalisierung in vielen Punkten<br />
vorbei. Es bedarf einer offenen Diskussion, um gute Ergebnisse zu erreichen und<br />
die Belegschaften gemeinsam zu überzeugen. Aber: Weder die Digitalisierung<br />
noch das weiter gefasste Thema Industrie 4.0 bieten einen Anlass, die derzeitigen<br />
Mitbestimmungsgrenzen grundsätzlich infrage zu stellen.<br />
Das digitale Arbeiten, insbesondere in internationalen Produktionsnetzwerken,<br />
überlagert den klassischen Betriebsbegriff und stellt neue Anforderungen<br />
an die Mitbestimmungskultur. Das deutsche Betriebsverfassungsgesetz<br />
muss an diese Entwicklungen angepasst und weiterentwickelt werden.<br />
Die deutschen Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes sind geprägt von<br />
einem lokalen Betriebsbegriff, der die Zukunft dezentral organisierter Produktionsverbünde<br />
über mehrere Standorte nur mit erheblichem Abstimmungsaufwand<br />
abdecken kann. Hier besteht Änderungsbedarf auf unterschiedlichen<br />
Ebenen (Betrieb, Unternehmen, Konzern) und zu unterschiedlichen Themen<br />
(bspw. Personalplanung, Personaleinsatzsteuerung (Versetzungsbegriff),<br />
Arbeitsorganisation).<br />
Als Beispiel sei die Einführung oder Anwendung von technischen Einrichtungen<br />
genannt: Permanente Updates und Software-Anpassungen machen es<br />
sowohl für den Betriebsrat als auch für das Unternehmen nahezu unmöglich,<br />
der Mitbestimmung in einem sinnvollen Rahmen gerecht zu werden. Eine vorsichtig<br />
einschränkende Auslegung (unter Beachtung des Schutzgedankens) auf<br />
die Ersteinführung oder wesentliche Änderungen eines Systems ist geboten.<br />
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