Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Dieter Frey<br />
UNTERNEHMENSKULTUR DES<br />
KRITISCHEN RATIONALISMUS<br />
Man muss unterscheiden zwischen Kreativität und<br />
Innovation. Kreativität bezieht sich darauf, inwieweit<br />
Neues geschaffen wird. Aber ob sich das Neue<br />
auf dem Markt durchsetzt, etwa ein neues Produkt<br />
oder eine neue Serviceleistung, ist eine ganz andere<br />
Frage. Auf Dauer können kommerzielle Unternehmen<br />
nur überleben, wenn sie innovativ sind.<br />
Aber was sind Erfolgsfaktoren dafür, dass Neues in<br />
die Welt kommt? Wir wollen das am Beispiel von<br />
kommerziellen Organisationen verdeutlichen.<br />
1. Man muss Defizite in der Realität (auch aus<br />
der Sicht der Kundin und des Kunden) wahrnehmen,<br />
beispielsweise bei den eigenen Prozessen,<br />
Produkten und Dienstleistungen.<br />
Ebenso auch Defizite, die man gegenüber<br />
Konkurrentinnen und Konkurrenten hat.<br />
Gleichzeitig muss man den Optimismus<br />
haben, dass man die Defizite durch kreative,<br />
neue Problemlösungen ausgleichen kann.<br />
2. Notwendig ist die Förderung von Kreativen<br />
und Erfinderinnen und Erfindern. Denn sie<br />
sorgen für die guten Ideen. Die kreativen<br />
Köpfe erfahren weder in den Unternehmen<br />
noch in der Gesellschaft hohe Wertschätzung.<br />
3. Entscheidend innerhalb einer Organisation<br />
sind die Führungs- und die Unternehmenskultur.<br />
Angefangen beim Topmanagement<br />
bis in jede Führungsstufe: Ist man bereit,<br />
Dinge permanent infrage zu stellen, sich zu<br />
verbessern, zu verändern und das Neue zu<br />
wagen? Dabei müssen in der Mitarbeiterführung<br />
Handlungsspielräume gegeben werden,<br />
denn wenn zu viel kontrolliert, eingeschränkt,<br />
reglementiert wird, werden Menschen ihr Kreativitätspotenzial<br />
nicht entwickeln. Eng damit<br />
verbunden ist die Wahrnehmung von Fairness:<br />
Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen<br />
wahrgenommener Fairness und Innovation.<br />
4. Oft entsteht Neues nicht durch Einzelne, sondern<br />
durch Teams. Umso wichtiger ist, dass<br />
Teams Synergieeffekte entwickeln können.<br />
Notwendig ist als Technik die sogenannte<br />
Teamreflexion, bei der die Teams laufend<br />
drei Fragen stellen: Was läuft gut im Moment<br />
und warum? Was läuft noch nicht gut und<br />
warum? Wie können wir Dinge verbessern?<br />
5. Weiterhin ist auch die Umsetzung sogenannter<br />
Center-of-Excellence-Kulturen wichtig:<br />
• eine Problemlösekultur, bei der Probleme mit<br />
Kreativlösungen verbunden werden<br />
• eine Fehlerkultur, bei der man quasi jeden Fehler<br />
zum Anlass nimmt, durch eine professionelle<br />
Kausalanalyse kreativer zu werden<br />
• eine Streit- und Konfliktkultur, in der der Konflikt<br />
Ausgangspunkt für kreative Problemlösungen ist<br />
• eine Innovationskultur, bei der es darum geht,<br />
laufend zu reflektieren, ob jede einzelne Aktivität<br />
zu einer erhöhten Innovation und einer erhöhten<br />
Nachhaltigkeit beiträgt. Es geht letztlich um<br />
innovationsförderliche Strukturen, also um kurze<br />
Wege, wenig Bürokratie und Reglementierung,<br />
enge Kontakte zwischen Vertrieb, Marketing,<br />
Entwicklung, Produktion und Geschäftsführung.<br />
6. Im Grunde bedarf es einer Unternehmenskultur<br />
des kritischen Rationalismus nach<br />
Karl Popper, ähnlich einer hierarchiefreien<br />
Dialogkultur, in der die Beteiligten den Status<br />
quo permanent infrage stellen, also einen<br />
gesunden Zweifel haben, jedoch immer mit<br />
dem Ziel, Dinge zu verbessern – am besten in<br />
Quantensprüngen.<br />
Prof. Dr. Dieter Frey lehrt seit 1993 Sozialpsychologie und Wirtschaftspsychologie<br />
an der LMU und forscht dort zu den Themen<br />
Führung, Teamarbeit, Motivation, Innovation sowie Einstellungsund<br />
Werteforschung. Seit 2006 leitet er das LMU Center for<br />
Leadership and People Management, eine Einrichtung der<br />
Exzellenzinitiative.<br />
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"<br />
Oft entsteht Neues nicht<br />
durch Einzelne, sondern<br />
durch Teams."