Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Analysen<br />
Eine weitere Empfehlung der Arbeitsgruppe<br />
ist, dass in Betrieben verstärkt diskutiert werden<br />
sollte, welche Erwartungshaltungen an die Erreichbarkeit<br />
der Beschäftigten bestehen und welche<br />
Grenzen der Erreichbarkeit bewusst gezogen<br />
werden können. Ein Rechtsanspruch auf Nichterreichbarkeit<br />
außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit,<br />
der tariflich oder betrieblich konkret ausgestaltet<br />
wird, soll aus Sicht der Gewerkschaften<br />
einen gesundheitsförderlichen Rahmen schaffen.<br />
Aus Sicht der Arbeitgeber sind gegebenenfalls einheitliche<br />
betriebliche Regelungen begrüßenswert,<br />
die signalisieren, dass eine permanente Erreichbarkeit<br />
nicht erwartet wird. Ein gesetzlicher<br />
Handlungsbedarf wird jedoch nicht gesehen.<br />
Die Unternehmen und Betriebe sollen<br />
einen adäquaten Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
gewähren und gesundheitliche Prävention durch<br />
Gefährdungsbeurteilungen und weitere Maßnahmen<br />
betreiben. Die gesetzlichen Regelungen<br />
im Arbeitsschutz schützen die Beschäftigten vor<br />
unzulässigen gesundheitlichen Belastungen und<br />
vor dauerhaften Schädigungen als Folge belastender<br />
Arbeitssituationen.<br />
Ob bei der Frage nach einer guten Arbeitsorganisation,<br />
der künftigen Rolle der Führungskräfte,<br />
Auswirkungen auf die Produktivität, Möglichkeiten<br />
zur Förderung von Flexibilitätskompetenzen<br />
oder gesundheitlichen Langzeitwirkungen<br />
auf Beschäftigte: Neben punktuell vorhandener<br />
Evidenz gibt es in Bezug auf Erfolg oder Misserfolg<br />
etwaiger Maßnahmen zahlreiche Wissensdefizite.<br />
Deshalb besteht eine zentrale Empfehlung<br />
der Arbeitsgruppe darin, betriebliche Experimentierräume<br />
einzurichten, in deren Rahmen ergebnisoffen<br />
neue Gestaltungsansätze entwickelt,<br />
konkrete <strong>Veränderungen</strong> im direkten Betriebsablauf<br />
erprobt und verallgemeinerbare Schlussfolgerungen<br />
abgeleitet werden können. Eine sozialpartnerschaftliche<br />
Entwicklung von Gestaltungsideen<br />
und deren Umsetzung sei dabei eine grundlegende<br />
Voraussetzung, um unter den Beschäftigten breite<br />
Akzeptanz für die Durchführung eines Praxislabors<br />
und die daraus gegebenenfalls resultierenden<br />
<strong>Veränderungen</strong> zu erwirken. Weitergehende Konzepte,<br />
Formate und konkrete Fragestellungen<br />
solcher Praxislabore sollten in dafür geeigneten<br />
Strukturen noch weiterentwickelt und ausformuliert<br />
werden.<br />
FAZIT<br />
Die Arbeitsgruppe »Orts- und zeitflexibles<br />
Arbeiten« kam bei ihren Diskussionen zu dem<br />
Ergebnis, dass eine gemeinsame sozialpartnerschaftliche<br />
Gestaltung der Arbeitswelt in<br />
Zeiten rasanter <strong>Veränderungen</strong> viele Vorteile für<br />
Deutschland bietet. Gerade das Zusammenspiel<br />
von Tarifpolitik und betrieblicher Mitbestimmung<br />
bietet Chancen für eine Innovationskultur,<br />
die sowohl betriebliche Ideen und Innovationen<br />
unterstützt als auch Beschäftigtenbelange angemessen<br />
berücksichtigt. Dabei können betriebliche<br />
Experimentierräume neue Wege der sozialpartnerschaftlichen<br />
Gestaltung erschließen. Ob es<br />
gelingt, in der Tradition der sozialen Marktwirtschaft<br />
zu neuen Kompromissen zu gelangen, wird<br />
zur Schlüsselfrage für unsere Wirtschaft, unsere<br />
Gesellschaft und unsere Arbeitswelt.<br />
LITERATUR<br />
Brenke, Karl (2016): Home Office: Möglichkeiten werden<br />
bei weitem nicht ausgeschöpft. DIW-Wochenbericht<br />
5/2016, S. 95-104.<br />
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)<br />
(Hrsg.) (2015a): Gute Praxis. Zeit- und ortsflexibles Arbeiten<br />
in Betrieben. Sammlung betrieblicher Gestaltungsbeispiele.<br />
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)<br />
(Hrsg.) (2015b): Monitor Mobiles und entgrenztes Arbeiten.<br />
Aktuelle Ergebnisse einer Betriebs- und Beschäftigtenbefragung.<br />
ARBEITEN 4.0 WERKHEFT 02 SEITE 93