Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Sandra Ohly<br />
KREATIVITÄT BEIM<br />
ARBEITEN 4.0<br />
"<br />
Menschen mussen motiviert<br />
sein, genugend Wissen uber das<br />
Problem haben und in der Lage<br />
sein, auch unkonventionelle<br />
Losungen zu entwickeln."<br />
Wie entstehen kreative Ideen? Entgegen der landläufigen<br />
Meinung sind plötzliche Eingebungen<br />
oder Geistesblitze nicht die Regel (Baas u. a. 2015).<br />
Kreativität entsteht auch nicht im Schlaf oder<br />
durch Entspannung. Vielmehr ist Kreativität das<br />
Resultat eines anstrengenden Prozesses und entsteht<br />
vor allem dann, wenn Menschen sich stark<br />
aktiviert fühlen. Im Folgenden werden diese<br />
beiden Bedingungen genauer beschrieben und<br />
daraus abgeleitet, wie eine Arbeit gestaltet sein<br />
muss, um kreativitätsförderlich zu sein.<br />
Nach einem einflussreichen Modell der Kreativitätsforschung<br />
(Amabile 1996) verläuft der Prozess<br />
folgendermaßen: Am Anfang steht die Identifikation<br />
eines Problems, oder das Problem wird als<br />
Arbeitsaufgabe vorgegeben: »Entwickle ein neues<br />
Konzept!« Als zweiter Schritt erfolgt die Vorbereitung.<br />
Dabei wird nach relevantem Wissen gesucht.<br />
Entweder lässt es sich aus dem eigenen Gedächtnis<br />
abrufen oder muss neu erworben werden, indem<br />
man Fachliteratur oder Kollegen zurate zieht.<br />
Zur Vorbereitung gehört auch das systematische<br />
Aufbereiten von Informationen und Wissen über<br />
die Problemsituation, sodass klar ist, was bei der<br />
Lösung alles beachtet werden muss. Im dritten<br />
Schritt erfolgt die Antwortgenerierung. Hier<br />
werden eine oder mehrere mögliche Lösungen<br />
für das Problem formuliert. Dieser Schritt ist am<br />
ehesten dadurch charakterisiert, dass man wilde<br />
Ideen entwickelt, die ganz unkonventionell sind.<br />
Man denkt in die Breite. Im vierten Schritt werden<br />
die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten überprüft.<br />
Hierbei wird aus der Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten<br />
diejenige ausgewählt, die am besten<br />
zu den Rahmenbedingungen passt. Am Ende steht<br />
ein kreatives Ergebnis des ganzen Prozesses, das<br />
anderen mitgeteilt und umgesetzt werden kann.<br />
Damit dieser Prozess zu einem Erfolg führen<br />
kann, müssen Menschen motiviert sein, genügend<br />
Wissen über das Problem haben, und in der Lage<br />
sein, auch unkonventionelle Lösungen zu entwickeln.<br />
Die Motivation lässt sich dabei in der Arbeit<br />
am ehesten stärken, wenn klar ist, dass kreative<br />
Ideen verlangt werden und willkommen sind (Ohly<br />
2011). Verbesserungsvorschläge für bestehende<br />
Probleme dürfen nicht leichtfertig vom Tisch<br />
gewischt werden. Sonst würde der Eindruck entstehen,<br />
dass Neues in der Arbeit nicht willkommen<br />
ist. Die Einrichtung von speziellen Arbeitsräumen<br />
für Kreativität, sogenannten Hubs, Labs oder<br />
Experimentierräumen, kann signalisieren, dass<br />
ein Arbeitgeber es ernst meint mit der Kreativität.<br />
Wichtig ist aber eben auch, wie im weiteren Prozess<br />
mit den Ideen umgegangen wird. Unterstützt<br />
der Vorgesetzte die Idee, sind die Kolleginnen und<br />
Kollegen interessiert? Auch wenn interessante,<br />
komplexe Problemstellungen zu bearbeiten sind,<br />
werden Menschen eher motiviert sein, kreativ zu<br />
werden. Kreativität ist also abhängig vom Arbeitskontext<br />
und von der Aufgabenstellung.<br />
Gleichzeitig ist auch das Befinden wichtig. Entspannte,<br />
gelassene Stimmung ist zwar angenehm,<br />
für Kreativität förderlich haben sich aber gerade<br />
aktivierte Gefühlszustände wie Enthusiasmus,<br />
aber auch Ärger gezeigt. Ärger kann motivieren,<br />
ausdauernd an einem Problem zu arbeiten, und Enthusiasmus<br />
liefert die Energie, sich in dem gesamten<br />
Prozess zu engagieren. Arbeiten 4.0 sollte daher den<br />
Enthusiasmus fördern, beispielsweise durch die<br />
Möglichkeit, eigene Ziele zu erreichen, Probleme zu<br />
lösen und Erfolg zu erleben (Ohly/Schmitt 2015).<br />
Prof. Dr. Sandra Ohly<br />
ist Professorin für Wirtschaftspsychologie und Direktorin des<br />
Forschungszentrums für Informationstechnikgestaltung ITeG an<br />
der Universität Kassel. Sie forscht zu Kreativität und Eigeninitiative<br />
bei der Arbeit sowie zum Umgang mit neuen Technologien<br />
und Wohlbefinden.<br />
"<br />
Arger kann<br />
motivieren."<br />
ARBEITEN 4.0 WERKHEFT 02 SEITE 193