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Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen

BMAS_Werkheft-2

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Analysen<br />

In der Phase II – der Wissensvertiefung –<br />

erfolgte im Rahmen von Expertengesprächen mit<br />

fachlich einschlägigen Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftlern aus nationalen und internationalen<br />

Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

eine Beratung der in den Überblicksarbeiten<br />

beschriebenen Befunde. In diesem Rahmen erwies<br />

sich bei der Diskussion von Wirkmechanismen der<br />

Arbeitsbedingungsfaktoren sowie von Fragen zur<br />

Arbeitsgestaltung die Klassifikation der Faktoren<br />

in Stressoren und Ressourcen als zielführend. Ein<br />

Stressor geht mit physiologischen und/oder psychischen<br />

Kosten einher, erschwert das Erreichen<br />

der betrieblich erwarteten Arbeitsergebnisse oder<br />

übersteigt das Leistungsvermögen des Beschäftigten.<br />

Dagegen ist eine Ressource funktional<br />

für das Erreichen von Zielen, reduziert Kosten,<br />

stimuliert die persönliche Entwicklung und<br />

kann die Wirkung von Stressoren abmildern (vgl.<br />

Demerouti/Bakker/Fried 2012). In den Expertengesprächen<br />

wurden darüber hinaus übergreifende<br />

Fragen zum jeweiligen Themenfeld aufgegriffen,<br />

unter anderem zu Wirkungszusammenhängen, zu<br />

Gestaltungsstrategien, zu Schlüsselfaktoren und<br />

Forschungslücken. Die insgesamt so erhaltenen<br />

Hinweise und Empfehlungen führten dann zu<br />

einer Überarbeitung der Scoping Reviews.<br />

In der nun anstehenden Phase III – der Wissensanwendung<br />

– soll die im wissenschaftlichen<br />

Diskurs ermittelte Erkenntnislage unter dem<br />

Aspekt ihrer Relevanz und ihrer Übertragungsmöglichkeiten<br />

in die Praxis mit Fachkreisen des<br />

Arbeitsschutzes und mit den Vertreterinnen und<br />

Vertretern der Sozialpartner und Politik erörtert<br />

werden. Dabei wird es wichtig sein, auch einen<br />

Überblick über den Beitrag zu erstellen, den existierende<br />

Aktivitäten wie das Arbeitsprogramm<br />

»Psyche« der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie<br />

(GDA) oder vorhandene, tarifliche<br />

Vereinbarungen etc. in Bezug auf die Integration<br />

psychischer Anforderungen in den Arbeitsschutz<br />

bereits leisten.<br />

In diesem Rahmen zeichnen sich die folgenden<br />

Diskussionspunkte ab: So dürften einmal<br />

Überlegungen zur Weiterentwicklung des klassischen<br />

Arbeitsschutzes wichtig werden, der bisher<br />

in der Regel vor allem als potenziell kritisch geltende<br />

Faktoren betrachtet, für die idealerweise<br />

normative Schwellenwerte und Messinstrumente<br />

vorliegen, wie etwa beim Lärm, oder bei denen eine<br />

Minimierung der Exposition nach technischen<br />

Standards vorzunehmen ist, wie bei Gefahrstoffen.<br />

Bei psychischen Arbeitsbedingungsfaktoren ist<br />

zwar zum Teil auch eine Reduktion (etwa Daueraufmerksamkeitsanforderungen),<br />

häufiger jedoch<br />

eine Optimierung der Arbeitsanforderungen<br />

anzustreben, da – wie etwa bei der Arbeitsintensität<br />

– eine Überforderung wie auch Unterforderung<br />

gleichermaßen zu vermeiden ist.<br />

Mit der Wirkung der Arbeitsbedingungsfaktoren<br />

als Ressource oder Stressor ergeben sich auch<br />

neue Möglichkeiten für den Arbeitsschutz, da die<br />

Förderung bzw. der Aufbau von Ressourcen den<br />

Einfluss von Stressoren abmildern, Spielräume für<br />

die Selbstgestaltung der eigenen Arbeit eröffnen<br />

oder die Entwicklung personenbezogener Ressourcen<br />

(zum Beispiel die Selbstwirksamkeitsüberzeugung,<br />

Problemlösungskompetenzen)<br />

unterstützen kann.<br />

Weiterhin erscheint es sinnvoll, bei der<br />

Gestaltung nicht einzelne Faktoren, sondern<br />

Belastungskonstellationen zu berücksichtigen, da<br />

die Wirksamkeit eines Arbeitsbedingungsfaktors<br />

immer auch von der Ausprägung der anderen Faktoren<br />

mit abhängt und somit die Auswirkungen<br />

von Gestaltungsmaßnahmen auf andere Organisationseinheiten<br />

oder Kundinnen und Kunden mit<br />

bedacht werden müssen.<br />

Darüber hinaus sind auch die arbeitsbezogenen<br />

Orientierungen und Strategien der<br />

Beschäftigten bei der Bewältigung der Arbeitsanforderungen<br />

von Bedeutung für die auftretenden<br />

gesundheitlichen Folgen, was ein partizipatives<br />

Vorgehen bei der Gestaltung nahelegt: So sollten<br />

nicht nur Expertinnen und Experten ihr Wissen<br />

um Gestaltungsprinzipien und -regeln, sondern<br />

auch die Beschäftigten ihre konkreten betrieblichen<br />

Kenntnisse über die Arbeitsbedingungen<br />

vor Ort mit in den Gestaltungsprozess einbringen.<br />

Ein solches Vorgehen setzt voraus, dass die Kompetenzen<br />

der Beschäftigten zur Gestaltung ihrer<br />

eigenen Arbeit auch gefördert werden. Ein derartiger<br />

beteiligungsorientierter Ansatz dürfte weiter<br />

mit dazu beitragen, dass die jeweiligen Belastungskonstellationen<br />

beachtet und die vorhandenen<br />

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