Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Perspektiven<br />
dung kurz- bis mittelfristig die größte Hürde.<br />
Allerdings ist der Unternehmer auch offen für die<br />
Arbeitsmarktpotenziale, die durch die Flüchtlinge<br />
entstehen (IBE/Accente Communication 2016).<br />
Was ein Großunternehmen im Bereich Vielfalt<br />
leisten kann, zeigt unterdessen die Commerzbank<br />
AG. Das Diversity Management der<br />
Commerzbank bündelt die Diversity-Aktivitäten<br />
der Bank und entwickelt die dafür notwendigen<br />
Konzepte. Entstanden ist es aus dem Thema<br />
Chancengleichheit. Ende der 80er-Jahre machte<br />
eine Belegschaftsbefragung deutlich, dass weibliche<br />
Beschäftigte bessere Karrieremöglichkeiten<br />
einfordern. Pilotprojekte, etwa Seminarangebote<br />
speziell für Mitarbeiterinnen, ein Frauennetzwerk,<br />
die erste betriebliche Kinderausnahmebetreuung<br />
in Deutschland oder eine wissenschaftliche Studie,<br />
die den Wert von Betreuungsplätzen für die Bank<br />
quantifizierte, kennzeichneten die Arbeit der<br />
ersten Jahre. Heute wird das Diversity Management<br />
am Bedarf der Geschäftseinheiten und Regionen<br />
im In- und Ausland strategisch ausgerichtet und<br />
über einen »Global Diversity Council« gesteuert.<br />
Der Fokus liegt auf insgesamt sieben Handlungsfeldern:<br />
Frauen in der Bank, Vereinbarkeit von Privatleben<br />
und Beruf, Zusammenarbeit der Generationen,<br />
Sexuelle Orientierung, Kulturelle Vielfalt,<br />
Unterstützung der Belegschaftsnetzwerke sowie<br />
Kommunikation/Training/Evaluation. Wichtige<br />
Instrumente sind dabei die insgesamt sieben<br />
Mitarbeitendennetzwerke, die die Bank begleitet:<br />
Unter anderem das Frauennetzwerk »Courage«,<br />
»Arco« als Netzwerk für homosexuelle, bisexuelle<br />
und transidente Mitarbeitende, das Väternetzwerk<br />
»Fokus Väter«, das auf interkulturelle Fragestellungen<br />
fokussierte Netzwerk »Cross Culture«, das<br />
Netzwerk »Pflege« für Mitarbeitende, die pflegebedürftige<br />
Angehörige pflegen, sowie das Netzwerk<br />
»Horizont«, in dem sich Burnout-Betroffene austauschen<br />
(David 2016).<br />
SCHLUSSFOLGERUNG<br />
Blickt man auf die Einflüsse und Konsequenzen,<br />
die mit einer vielfältigen Belegschaft<br />
einhergehen, so wird deutlich, dass der Umgang<br />
mit der gesellschaftlichen Vielfalt in der Arbeitswelt<br />
zwar einen besonderen Kraftakt darstellt,<br />
gleichermaßen jedoch die Antwort auf die damit<br />
verbundenen Herausforderungen enthält. In ihm<br />
liegt eine zentrale Führungsaufgabe der Zukunft.<br />
Die zunehmende Heterogenität der Belegschaften<br />
verlangt nach neuen Wegen zu mehr<br />
Integration und Koordination und damit auch zur<br />
Berücksichtigung individueller Bedürfnisse – sei<br />
es von älteren oder behinderten Mitarbeitenden,<br />
von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft,<br />
in unterschiedlichen Arbeitsmodellen oder<br />
Lebensphasen (Rump/Eilers 2016; Fraunhofer IAO<br />
2013).<br />
Werden die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />
für die Etablierung eines erfolgreichen<br />
Diversitätsmanagements berücksichtigt, kann<br />
eine inklusive Arbeitskultur entstehen, in der<br />
alle Mitarbeitenden ihre Fähigkeiten optimal einbringen.<br />
Die Potenziale, die damit einhergehen<br />
(Akquisitions- und Personalmarketingpotenzial,<br />
Marketing- und Vertriebspotenzial, Kreativitätsund<br />
Innovationspotenzial, Systemflexibilisierungspotenzial)<br />
steigern nicht zuletzt auch die<br />
Unternehmensperformance.<br />
Last but not least gilt es zu berücksichtigen,<br />
dass Vielfalt weit über Statusgruppen und die<br />
sichtbaren demografischen Merkmale hinausgeht.<br />
Durch die Fokussierung auf Diversity rückt<br />
zwangsläufig auch das Thema Individualisierung<br />
in den Vordergrund, was im Bereich des Managements<br />
in der individuellen Führung einzelner<br />
Personen mündet. Da diese eine immense Herausforderung<br />
darstellt, werden Mitarbeitende in der<br />
Praxis häufig zu Gruppen, wie »Gender«, »Age«<br />
oder »Culture«, zusammengefasst. Das sorgt vordergründig<br />
für eine bessere Handhabbarkeit der<br />
einzelnen Erscheinungsformen von Diversität,<br />
überdeckt jedoch auch Bruchlinien und kann eine<br />
soziale Isolation noch verstärken. Was es daher<br />
neben den betriebs- und volkswirtschaftlichen<br />
sowie den rechtlich-politischen Treibern von<br />
Diversität (Demografie, Marktvorteile, Kostenüberlegungen,<br />
Fachkräftesicherung, Weiterbildung<br />
beziehungsweise Quotenregelungen, Gleichbehandlungsgesetze)<br />
kontinuierlich zu bedenken<br />
gilt, ist ihre wesentliche Eigendynamik (Rump/<br />
Schiedhelm 2016). Ziel muss es sein, langfristig zu<br />
einer Kultur der Potenzialentfaltung zu gelangen<br />
(Rump/Eilers 2016; IfB! 2012).<br />
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