19.12.2016 Aufrufe

Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen

BMAS_Werkheft-2

BMAS_Werkheft-2

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Analysen<br />

fehlender Elternzeit – auf prekäre Beschäftigung,<br />

insbesondere Minijobs, angewiesen waren. Trotz<br />

aller Fortschritte gibt es weiterhin nach wie vor<br />

kein voll ausreichendes Angebot der Kinder- und<br />

Schülerbetreuung. Daher können oftmals nicht<br />

beide Elternteile einer ganz normalen Beschäftigung<br />

nachgehen, vor allem aber Alleinerziehenden<br />

ist dies oft verwehrt. Hier sollte die öffentliche<br />

Hand weiterhin investieren.<br />

Das meiste, was jetzt über »Crowdworker«<br />

oder die »Gig Economy« geschrieben wird, gehört<br />

eher ins Feuilleton (z. B. Hill 2016). Was nicht<br />

bedeutet, dass man die soziale Vorsorge für (Solo-)<br />

Selbstständige nicht verbessern könnte und sollte:<br />

Selbstständige, die nicht ohnehin schon abgesichert<br />

sind, wie viele Freiberuflerinnen und Freiberufler<br />

und Handwerkerinnen bzw. Handwerker,<br />

könnten in die Unfall- und Rentenversicherung<br />

einbezogen werden. Und: die Förderung von Minijobs<br />

könnte schlicht abgeschafft werden. Für viele<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellen<br />

sie eine Falle dar: Ist man erst einmal in einem<br />

Minijob, so fällt es erfahrungsgemäß nicht leicht,<br />

wieder herauszukommen. Zudem wird ein großer<br />

Teil dieser Jobs von Studierenden übernommen.<br />

Das mag aus ihrer Sicht unter den gegebenen Rahmenbedingungen<br />

vernünftig und notwendig sein.<br />

Sinnvoller wäre es aber, die Ausbildungsförderung<br />

zu erhöhen, damit Studierende nicht nebenbei<br />

arbeiten müssen, sondern schnell ihr Studienziel<br />

erreichen können.<br />

Beschäftigte, die keinen Wohnsitz in Deutschland<br />

haben, aber trotzdem hier tätig sind, werden<br />

allerdings in der gesamten Debatte häufig vergessen.<br />

Sie arbeiten oft unter eindeutig prekären<br />

Bedingungen, während im Inland viele den Nutzen<br />

davon haben, nicht nur Arbeitgeber, sondern auch<br />

Konsumentinnen und Konsumenten und damit<br />

normale (Arbeitnehmer-)Haushalte. Dies gilt in<br />

besonderer Weise bei Vertragsarbeitnehmerinnen<br />

und Vertragsarbeitnehmern, die zum Teil unter<br />

skandalös unwürdigen Umständen arbeiten und<br />

leben, wie zum Beispiel Saisonarbeitskräfte für die<br />

Spargel- und Obsternte, und schließlich bei Tausenden<br />

Frauen, die aus dem Ausland nach Deutschland<br />

pendeln und Pflegetätigkeiten »freiberuflich«<br />

ausüben. Bessere Arbeits- und Lebensbedingungen<br />

für diese Menschen, die weder permanent hier leben<br />

noch wahlberechtigt sind, genießen – vorsichtig<br />

ausgedrückt – offenkundig in keinem politischen<br />

Lager die höchste Priorität.<br />

LITERATUR<br />

Bönke, Timm/Grabka, Markus/Schröder, Carsten/<br />

Wolff, Edvard N./Zyska, Lennard (2016):<br />

The joint distribution of net worth and pension wealth<br />

in Germany, SOEPpaper Nr. 853, Berlin.<br />

Feld, Lars P./Schmidt, Christoph M. (2016): Jenseits der<br />

schrillen Töne – Elemente für eine rationale Diskussion<br />

über die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen in<br />

Deutschland, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, Bd.<br />

17, Heft 2, 2016, S. 188 – 205.<br />

Fratzscher, Marcel (2016): Verteilungskampf: Warum<br />

Deutschland immer ungleicher wird, München.<br />

Grabka, Markus M./Goebel, Jan/Schröder, Carsten/<br />

Schupp, Jürgen (2016): Schrumpfender Anteil an<br />

BezieherInnen mittlerer Einkommen in den USA und<br />

Deutschland. DIW Wochenbericht 18, S. 391 – 402.<br />

Hill, Steven (2015): How the »Uber Economy« and Runaway<br />

Capitalism Are Screwing American Workers, New York.<br />

Ders. (2016): Vorwärts, Genossen. DIE ZEIT, Nr. 23/2016,<br />

25. Mai 2016; online unter: http://www.zeit.de/2016/23/<br />

sozialdemokratie-digitalisierung-arbeitswelt-reform/<br />

komplettansicht<br />

Priem, Maximilian/Schupp, Jürgen/Wagner, Gert G.<br />

(2015): Lebenszufriedenheit in Ostdeutschland im Vergleich<br />

zu Westdeutschland. ifo-Schnelldienst, 68. Jahrgang,<br />

H. 22, S. 8 – 13.<br />

Rifkin, Jeremy (2004):<br />

Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft: Neue Konzepte<br />

für das 21. Jahrhundert, Frankfurt a. M./New York.<br />

Sundararajan, Arun (2016):<br />

The Sharing Economy: The End of Employment and the<br />

Rise of Crowd-Based Capitalism, Cambridge, Mass.<br />

Wagner, Gert G. (2012): Die Inflation der Mittelschicht-<br />

Begriffe führt in die Irre. DIW-Wochenbericht Nr. 51 u. 52.<br />

ARBEITEN 4.0 WERKHEFT 02 SEITE 47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!