Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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"<br />
Das Fehlen einer systematischen Vorgehensweise und mangelnde Professionalisierung<br />
der Innovations und Kompetenzentwicklung behindern die nachhaltige Identifizierung<br />
und Ausschopfung innovationsrelevanter Kompetenzen und Fahigkeiten."<br />
Sandra Güth<br />
INNOVATIONSPOTENZIALE AN- UND UNGELERNTER<br />
PRODUKTIONSBESCHÄFTIGTER DURCH STRATEGISCHES<br />
KOMPETENZMANAGEMENT AUSSCHÖPFEN<br />
Die fortschreitende Wissensintensivierung führt<br />
zu digitalen, technologieintensiven und funktionsübergreifenden<br />
Produktionsmethoden mit<br />
erheblichen Auswirkungen auf traditionelle Industriebranchen.<br />
Sie verdrängt zunehmend hierarchische<br />
Organisationsstrukturen und tayloristische,<br />
arbeitsteilige Produktionsverfahren. Unternehmensintern<br />
werden Arbeitsanforderungen dadurch<br />
komplexer und begründen teilweise sogar veränderte<br />
Berufsbilder und Qualifikationsprofile von<br />
Beschäftigten. Unternehmensextern zeichnet sich<br />
zugleich eine grundlegende Veränderung der verfügbaren<br />
Alters- und Qualifikationsstruktur der<br />
Erwerbsbevölkerung ab.<br />
Angesichts dieser Herausforderungen vor<br />
allem auch für kleine und mittlere Unternehmen<br />
stellen sich drängende Fragen nach der langfristigen<br />
Stabilisierung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit.<br />
Ein Schlüsselfaktor wird daher<br />
in der gezielten Nutzung und Steuerung von<br />
Kompetenzen der Beschäftigten gesehen. Wie die<br />
Erhebung Modernisierung der Produktion 2015 des<br />
Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung<br />
ISI zeigt, beschäftigen KMU zu einem<br />
wesentlich höheren Anteil an- und ungelernte Produktionsbeschäftigte<br />
als Großunternehmen. Ihnen<br />
fällt es zunehmend schwer, qualifiziertes Fachpersonal<br />
für die Produktion zu gewinnen und wichtiges<br />
Wissen der Beschäftigten im Unternehmen zu<br />
halten. Um mit möglichen Ressourcenengpässen<br />
und Wissensverlusten umgehen zu können, stellt<br />
die Personengruppe der An- und Ungelernten ein<br />
noch ungenutztes erhebliches Potenzial dar, das<br />
gezielter auszuschöpfen sein wird.<br />
Der technische Fortschritt wird den typischen<br />
Arbeitsplatz von an- und ungelernten Produktionsbeschäftigten<br />
zunehmend erodieren. Ihr<br />
Tätigkeitsbereich setzt sich bisher vorrangig aus<br />
einfachen Dienstleistungen (wie Fahrzeuge führen<br />
und beladen) sowie produktionsbezogenen Hilfstätigkeiten<br />
(wie Maschinen oder technische Anlagen<br />
einrichten und warten) zusammen. Einem Rückgang<br />
solcher einfachen Montage- und Fertigungstätigkeiten<br />
steht eine spürbare Zunahme indirekter<br />
Tätigkeiten wie Planung, Steuerung und Qualitätskontrolle<br />
gegenüber. Es wird daher entscheidend<br />
sein, inwiefern es KMU gelingt, ihre an- und ungelernten<br />
Produktionsbeschäftigten durch passfähige<br />
Konzepte der Qualifizierung und Kompetenzentwicklung<br />
»mitzunehmen« und damit ihr wichtiges<br />
Erfahrungs- und Anwenderwissen zu erhalten,<br />
weiterzuentwickeln und noch intensiver zu nutzen.<br />
Viele KMU verfügen jedoch weder über institutionalisierte<br />
Strukturen für die effiziente und<br />
planerische Gestaltung von Innovationsprozessen<br />
noch über eine strategische Personal- und Kompetenzentwicklung.<br />
Beide strategischen Aufgabenfelder<br />
fallen deshalb häufig in den Verantwortungsbereich<br />
der Geschäftsführung, wo sie unter<br />
dem Druck des operativen Tagesgeschäfts ein<br />
Nischendasein führen. Das Fehlen einer systematischen<br />
Vorgehensweise und mangelnde Professionalisierung<br />
der Innovations- und Kompetenzentwicklung<br />
behindern die nachhaltige Identifizierung und<br />
Ausschöpfung innovationsrelevanter Kompetenzen<br />
und Fähigkeiten. Daher besteht ein Bedarf, KMU<br />
stärker bei der Konzeption und Umsetzung von<br />
Maßnahmen zu unterstützen, um die Entwicklungsmöglichkeiten<br />
von An- und Ungelernten<br />
besser zu nutzen und den eingangs skizzierten<br />
Herausforderungen zu begegnen.<br />
Sandra Güth ist als Wirtschaftspsychologin am Fraunhofer-<br />
Institut für System- und Innovationsforschung im Geschäftsfeld<br />
Industrielle Innovationsstrategien tätig. Dort beschäftigt sie sich<br />
mit der betrieblichen Kompetenzentwicklung und den Auswirkungen<br />
von Innovationen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
sowie die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe.<br />
"<br />
Der technische<br />
Fortschritt wird den<br />
typischen Arbeitsplatz<br />
erodieren."<br />
ARBEITEN 4.0 WERKHEFT 02 SEITE 195