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Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen

BMAS_Werkheft-2

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Analysen<br />

keiten der Selbstverwirklichung. Für eine zweite<br />

Gruppe (Wertewelten 2, 3 und 6) ist Digitalisierung<br />

ein Mittel zum Zweck. Diese Gruppe ist verhalten<br />

positiv und knüpft die Zustimmung zur Einführung<br />

neuer Technologien eng an den persönlichen<br />

Zugewinn an Autonomie und motivierenden<br />

Arbeitsinhalten. Eine dritte Gruppe (Wertewelten<br />

1 und 7) sieht Digitalisierung vornehmlich als<br />

Treiber negativer Entwicklungen. Sie steht dem<br />

digitalen Wandel höchst skeptisch gegenüber und<br />

befürchtet eine weitere Arbeitsverdichtung sowie<br />

eine Entgrenzung von Arbeit und Privatleben.<br />

Mögen auch die Vorstellungen von einer idealen<br />

Arbeitswelt sehr unterschiedlich sein, relativ<br />

einig sind sich die Befragten darin, wie Arbeit nicht<br />

aussehen sollte. Die große Mehrheit der Befragten<br />

lehnt eine Arbeitswelt ab, die von Existenzsorgen,<br />

Konkurrenzdruck, beruflicher Unsicherheit und<br />

sozialen Verwerfungen gekennzeichnet ist. Selbst<br />

diejenigen, die mit ihrer persönlichen Arbeitssituation<br />

zufrieden sind, beschreiben ein Klima<br />

zunehmenden Drucks in heutigen Arbeitszusammenhängen.<br />

Auch eint die meisten Befragten die<br />

Überzeugung, dass die Digitalisierung über Effizienzgewinne<br />

hinaus der Selbstbestimmung der<br />

Erwerbstätigen zuträglich sein sollte und nicht zu<br />

einer Zunahme von Konkurrenz- und Leistungsdruck<br />

führen dürfe.<br />

Insbesondere das Auseinanderdriften der<br />

Gesellschaft wird von den meisten Befragten als<br />

problematisch empfunden. In fast allen Wertewelten<br />

finden sich deutliche Appelle an Gemeinsinn<br />

und sozialen Zusammenhalt, deren nähere<br />

Bestimmungen sich aber teilweise deutlich unterscheiden.<br />

Der gemeinsame Nenner lässt sich am<br />

ehesten so beschreiben, dass niemand aus der<br />

Gesellschaft herausfallen soll. Keiner soll unter<br />

einem Druck arbeiten, der es unmöglich mache,<br />

beruflich oder privat die eigenen Interessen und<br />

Werte zu verfolgen. Welche Werte dies sind, spiegelt<br />

die Vielfalt einer pluralistischen Gesellschaft<br />

wider.<br />

FAZIT<br />

Die Studie »Wertewelten 4.0« zeigt, dass das,<br />

was Menschen von ihrer Arbeit wollen, höchst<br />

individuell geworden ist. Diese Entwicklung bringt<br />

neue Herausforderungen für Unternehmen, die<br />

Sozialpartner und die Politik mit sich. Klar ist, es<br />

wird nicht ausreichen, die Arbeitsorganisation und<br />

-gestaltung in einem Betrieb auf vermeintlich neue,<br />

homogene Anspruchslagen einer »Generation Y«<br />

umzustellen. Mit <strong>Veränderungen</strong> in eine Richtung<br />

wird man der Verschiedenheit der Ansprüche<br />

und Bedürfnisse nicht gerecht werden. Vielmehr<br />

müssen sich Unternehmen der Frage stellen, wie<br />

sie plurale Anspruchslagen in ihrer Organisation<br />

abbilden können. Das bedeutet zum Beispiel, dass<br />

in Fragen der Arbeitszeitgestaltung, der Weiterqualifizierung<br />

(die dem Grundsatz nach von der<br />

Mehrheit der Erwerbspersonen positiv gesehen<br />

wird) und der Führungsmodelle mehr Wahlmöglichkeiten<br />

eröffnet werden.<br />

Auch für die Sozialpartner und die Politik<br />

gilt, dass das Prinzip des »One size fits all« in einer<br />

pluralen und dynamischen Arbeitswelt zunehmend<br />

weniger funktionieren wird. Anstelle statischer<br />

Patentlösungen sind flexible und individuelle<br />

Modelle gefragt. Neben einer grundlegenden<br />

Pluralität zeigt die vorliegende Studie jedoch<br />

auch, dass die Mehrheit der Erwerbspersonen in<br />

Deutschland das Gefühl hat, in den vergangenen<br />

Jahren den Arbeitgebern in Sachen Flexibilität<br />

entgegengekommen zu sein, und nun in stärkerem<br />

Maße Flexibilität für sich als Arbeitnehmer beansprucht.<br />

Viele Erwerbspersonen erwarten für die<br />

Zukunft mehr Flexibilität »in ihrem Sinne«. Ein<br />

reines Laissez-faire zugunsten betrieblicher Flexibilitätsansprüche<br />

wird klar abgelehnt. Zugleich<br />

befürworten die meisten Erwerbspersonen Konsenslösungen,<br />

konstruktives Verhandeln und das<br />

Prinzip der Mitbestimmung. Kompromisse auf<br />

betrieblicher Ebene in der Tradition der sozialen<br />

Marktwirtschaft, die neue Sicherheiten mit mehr<br />

Flexibilität für Betriebe und Beschäftigte vereinen,<br />

erscheinen somit zielführend.<br />

Über betriebliche Kompromisse hinaus bleibt<br />

aber die Frage zu beantworten, welche Form eines<br />

neuen gesamtgesellschaftlichen sozialen Kompromisses<br />

gefunden werden muss, um die sozialen<br />

Fliehkräfte einzufangen, die von der Mehrzahl der<br />

Erwerbspersonen wahrgenommen werden.<br />

ARBEITEN 4.0 WERKHEFT 02 SEITE 31

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