Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Perspektiven<br />
Selbstgefährdung«<br />
2010) beschreiben.<br />
(Krause/Dorsemagen/Peters<br />
Was wir im Wandel der Arbeit beobachten,<br />
ist der wachsende Stellenwert der psychischen<br />
Belastung unter allen Belastungsfaktoren. Entwicklungen<br />
wie Entgrenzung, Verdichtung, Flexibilisierung<br />
der Arbeit sowie mobiles Arbeiten<br />
stehen für die Zunahme psychischer Belastungen<br />
und müssen untersucht, bewertet und gestaltet<br />
werden.<br />
Der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss<br />
zum Teil neu gedacht werden. Wir brauchen analog<br />
zur Arbeit 4.0 einen Arbeitsschutz 4.0.<br />
Im Zusammenhang der psychischen Gesundheit<br />
bestimmen derzeit zwei Phänomene die<br />
Diskussion:<br />
Erstens eine starke Zunahme von psychischen<br />
und Verhaltensstörungen mit erheblicher<br />
Arbeitsunfähigkeit sowie die starke Zunahme der<br />
Frühverrentungen wegen Erwerbsunfähigkeit aufgrund<br />
dieser Erkrankungen:<br />
• Bundesweit gehen 79,3 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage<br />
auf psychische Erkrankungen<br />
zurück (SUGA 2014).<br />
• 2003 gingen 9,7 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage<br />
auf psychische Erkrankungen<br />
zurück, 2014 waren es 14,6 Prozent (SUGA<br />
2014).<br />
• Berentung wegen Erwerbsminderung: 2014:<br />
Über 43 Prozent (72.972 Fälle) der Rentenzugänge<br />
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit<br />
gehen auf psychische Störungen zurück (2001:<br />
26,7 Prozent bzw. 53.581 Fälle) (SUGA 2014); das<br />
Durchschnittsalter für diese Rentenzugänge<br />
liegt bei 48 Jahren (SUGA 2014).<br />
Die volkswirtschaftlichen Kosten, die die<br />
einzelnen Sozialversicherungsträger, der Staat,<br />
aber auch die Arbeitgeber aufwenden müssen, sind<br />
enorm.<br />
Unbestritten ist, dass psychischen Störungen<br />
in der Regel ein multifaktorielles Ursachengeschehen<br />
zugrunde liegt. Grundsätzlich kann<br />
davon ausgegangen werden, dass neben der individuellen<br />
Disposition psychosoziale Stressfaktoren<br />
beispielsweise aus der Arbeitswelt sowie schwerwiegende<br />
Lebensereignisse eine Rolle spielen.<br />
Das zweite uns beschäftigende Phänomen<br />
ist die Zunahme psychischer Belastung in der<br />
Arbeitswelt. Gut belegt ist, dass psychische Belastungsfaktoren<br />
mit dem Wandel der Arbeitswelt<br />
zunehmen. Entwicklungstendenzen sind unter<br />
anderem:<br />
• zunehmende geistige Arbeit, steigende Anforderungen<br />
an Qualifikation und beständiger<br />
Weiterbildung (Trend zur Dienstleistungsund<br />
Wissensgesellschaft)<br />
• fortlaufende Beschleunigung von Fertigungs-,<br />
Dienstleistungs- und Kommunikationsprozessen<br />
• verstärkter Einsatz neuer Technologien, die<br />
permanente Erreichbarkeit ermöglichen,<br />
zunehmende Arbeitsunterbrechungen und<br />
»Entgrenzung« der Arbeit<br />
• erhöhte Eigenverantwortung der Beschäftigten<br />
bei steigender Komplexität der Arbeitsanforderungen<br />
• diskontinuierliche Beschäftigungsverhältnisse,<br />
steigende Mobilitätsanforderungen und<br />
wachsende berufliche Unsicherheit, etwa im<br />
Kontext von Restrukturierungsprozessen<br />
Belastungen – auch psychische Belastungen –<br />
sind nicht per se negativ zu bewerten. Sie können<br />
auch aktivierende, entwicklungsförderliche und<br />
damit positive Effekte bewirken. Unser Leben ist<br />
ohne psychische und physische Belastungen nicht<br />
denkbar. Bezüglich der Wirkungen kommt es entscheidend<br />
darauf an, wie sich die Arbeitsbelastung<br />
im Verhältnis zu den Bewältigungsmöglichkeiten<br />
bzw. »Ressourcen« in- und außerhalb der Arbeit<br />
darstellt.<br />
Gesundheitsrisiken können sowohl durch<br />
qualitative und quantitative Über- wie Unterforderung<br />
entstehen. Die negativen Folgen solcher<br />
Belastungen zeigen sich dann beispielsweise in<br />
Form von Motivationsverlust, Leistungsabfall<br />
oder gesteigertem Medikamenten- und Alkoholkonsum.<br />
Sie können auch zu den als Burn-out-<br />
Syndrom bezeichneten Beschwerden und anderen<br />
psychischen Störungen führen. Daneben können<br />
ARBEITEN 4.0 WERKHEFT 02 SEITE 163