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Analysen<br />

Pflegebedürftige wird zu Hause und ausschließlich<br />

von Angehörigen, überwiegend Frauen, betreut<br />

(Destatis 2015: Pflegestatistik 2013). Jede zweite Frau<br />

rechnet damit, in Zukunft die Pflege von Angehörigen<br />

zu übernehmen (IfD 2015). Fast zwei Drittel<br />

derer, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, sind<br />

auch berufstätig. 1 Flexible Arbeitszeiten sind für<br />

diese Berufstätigen besonders wichtig, da der Verlauf<br />

von Pflegebedürftigkeit schwer vorhersehbar<br />

ist und pflegende Angehörige entsprechend variabel<br />

beansprucht werden. 2<br />

»Arbeitszeiten<br />

sind in den letzten<br />

beiden Jahrzehnten<br />

flexibler, vielfältiger<br />

und kürzer<br />

geworden.«<br />

ARBEITSZEITREALITÄTEN UND -WÜNSCHE<br />

Generell sind Arbeitszeiten, gesamtgesellschaftlich<br />

betrachtet, in den letzten beiden<br />

Jahrzehnten flexibler, vielfältiger und kürzer<br />

geworden. Immer mehr Beschäftigte arbeiten in<br />

Schichtarbeit, zu ungewöhnlichen Uhrzeiten oder<br />

an Wochenenden (Absenger u. a. 2014; Destatis<br />

2015). Rund 57 Prozent aller Beschäftigten arbeiten<br />

zumindest gelegentlich in Schichtarbeit, nachts<br />

oder am Wochenende (Maschke 2016). Die durchschnittliche<br />

Dauer der tatsächlichen Wochenarbeitszeit<br />

sank zwischen 1992 und 2012 kontinuierlich<br />

um ca. drei Stunden (Seifert 2014). Trotzdem<br />

liegt das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen<br />

annähernd auf dem gleichen Niveau wie Mitte der<br />

1990er-Jahre. Dies wird mit der wachsenden Zahl<br />

von Erwerbstätigen begründet, die jedoch nicht<br />

immer Vollzeit arbeiten (Maschke 2016). Vor allem<br />

die Erwerbstätigkeit von Frauen nimmt zu, allerdings<br />

arbeiten sie vor allem in Teilzeit. Besonders<br />

bei Müttern ist die Teilzeitquote hoch: Fast 70 Prozent<br />

der erwerbstätigen Mütter arbeiten in Teilzeit<br />

(Maschke 2016). Die Teilzeitquote aller Beschäftigten<br />

ist von 17,9 Prozent im Jahr 1991 kontinuierlich<br />

auf 38,6 Prozent im Jahr 2014 angestiegen und<br />

liegt seitdem konstant auf diesem hohen Niveau<br />

(IAB 2016).<br />

Verschiedene Studien der letzten Jahre zeigen,<br />

dass dieser Wandel nicht immer den individuellen<br />

Ansprüchen an Arbeit entspricht. Zwar wünschen<br />

sich auch Beschäftigte eine Veränderung und Flexibilisierung<br />

der Arbeitszeit hin zu mehr Zeitsouveränität<br />

und Wahlfreiheit. Exemplarisch seien<br />

hier die Ergebnisse einer großen Mitarbeiterbefragung<br />

des DGB 2013 angeführt; 92 Prozent der<br />

Befragten gaben an, planbare Arbeitszeiten seien<br />

wichtig. Dennoch wünschten sich 84 Prozent der<br />

Frauen und 79 Prozent der Männer, ihre Arbeitszeit<br />

kurzfristig an private Bedürfnisse anpassen<br />

zu können. Für eine befristete Absenkung der<br />

Arbeitszeit, etwa für Kinderbetreuung und Pflege,<br />

sprachen sich 86 Prozent der Frauen und 77 Prozent<br />

der Männer aus.<br />

In der Realität bestehen zwischen individuell<br />

gewünschter, vertraglich vereinbarter und<br />

tatsächlich geleisteter Arbeitszeit oftmals deutliche<br />

Differenzen (IAB 2014; IAB 2015; DGB 2014;<br />

2016). So berichten Beschäftigte einerseits von<br />

(teilweise unfreiwillig) langen Arbeitszeiten über<br />

45 Wochenstunden (DGB 2014, 2016) und andererseits<br />

von (teilweise unfreiwillig) verkürzter Teilzeitarbeit<br />

von 20 Wochenstunden und weniger<br />

(IAB 2015). Die deutlichsten Differenzen bestehen<br />

zwischen per Tarif- oder Arbeitsvertrag vereinbarten<br />

und tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten.<br />

2009 arbeiteten Männer pro Woche im Schnitt<br />

4,1 Stunden länger als vertraglich vereinbart, bei<br />

Frauen betrug der Unterschied 2,0 Stunden (IAB<br />

2015). Wenn die vereinbarten Arbeitszeiten eingehalten<br />

würden, käme dies den Wünschen der<br />

Beschäftigten deutlich entgegen (Holst/Seifert<br />

2012). Entsprechend wollen laut Statistischem Bundesamt<br />

fast vier Millionen, d. h. etwa 10 Prozent<br />

der Erwerbstätigen, ihre Arbeitszeit verändern<br />

1<br />

Geyer/Schulz (2014) geben 61 Prozent an, Eurostat 63 Prozent.<br />

2<br />

Pflegende Angehörige haben mit dem seit Januar 2015 geltenden Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf einen Rechtsanspruch<br />

auf Familienpflegezeit.<br />

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