Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Analysen<br />
kommen und weniger Aufstiegschancen einher.<br />
Außerdem sind »typische Frauenberufe« deutlich<br />
schlechter entlohnt als »typische Männerberufe«.<br />
All dies trägt zu einer erstaunlich beharrlichen<br />
Lohnlücke zwischen Männern und Frauen (»Gender<br />
Pay Gap«) von derzeit durchschnittlich 21 Prozent<br />
bei (Destatis 2016a). Die aktuellsten Auswertungen<br />
der Verdienststrukturerhebung zu Berufen zeigen,<br />
dass beispielsweise vollzeitbeschäftigte Zahntechnikerinnen<br />
mit einem durchschnittlichen<br />
Bruttomonatslohn von 2.022 EUR sogar 31 Prozent<br />
weniger als ihre männlichen Kollegen (2.920 EUR)<br />
verdienen. Die Einkommen vollzeitbeschäftigter<br />
Bankfachmänner liegen mit 4.931 EUR pro Monat<br />
im Schnitt 29 Prozent über dem durchschnittlichen<br />
Monatseinkommen von Bankfachfrauen (3.499<br />
EUR) (Destatis 2013). Selbst unter der unrealistischen<br />
Annahme, dass Männer und Frauen unter<br />
den aktuellen Bedingungen in gleichem Umfang<br />
und in denselben Berufen erwerbstätig sind, bleibt<br />
ein sogenannter bereinigter Gender Pay Gap von<br />
sieben bis acht Prozent bestehen (Allmendinger<br />
2014; Hipp/Molitor 2016; Allmendinger/von den<br />
Driesch 2015; ADS 2015, 2016).<br />
Im Zusammenspiel mit Teilzeitarbeit und familienbedingten<br />
Erwerbsunterbrechungen akkumulieren<br />
sich die niedrigeren Einkommen von Frauen<br />
im Laufe des Erwerbslebens und sind ursächlich für<br />
deren deutlich geringere Alterseinkommen. Derzeit<br />
wird dieser »Gender Pension Gap« auf 43 Prozent in<br />
Westdeutschland und auf 12 Prozent in Ostdeutschland<br />
beziffert (Allmendinger/von den Driesch 2015).<br />
Für Gesamtdeutschland beträgt die Rentenlücke 38<br />
Prozent (Statistik der deutschen Rentenversicherung<br />
2015: 124 f., eigene Berechnung). Durch ihre Erwerbsbiografien<br />
und die daraus resultierenden geringeren<br />
Rentenansprüche sind Frauen auch in stärkerem<br />
Maße von einem Altersarmutsrisiko betroffen.<br />
Laut Statistischem Bundesamt sind 17 Prozent der<br />
Frauen im Rentenalter armutsgefährdet, während<br />
es knapp 13 Prozent der Männer sind (Destatis 2014).<br />
Neben der weiterhin notwendigen Diskussion<br />
um die ungleiche Bezahlung gleichwertiger Arbeit<br />
ist es daher unabdingbar, über das Thema Zeit und<br />
speziell über die Unterschiede in den Erwerbsarbeits-<br />
und Familienarbeitszeiten von Männern und<br />
Frauen zu sprechen.<br />
DER GENDER TIME GAP IN BEZAHLTER UND<br />
UNBEZAHLTER ARBEIT<br />
Eine im vergangenen Jahr am Wissenschaftszentrum<br />
Berlin für Sozialforschung (WZB) durchgeführte<br />
Studie zeigt, dass große Geschlechterunterschiede<br />
bei der Erwerbsarbeit fortbestehen:<br />
Frauen in Paarbeziehungen im Alter zwischen 25<br />
und 54 Jahren arbeiten im Schnitt rund 16 Wochenstunden<br />
weniger als ihre Partner (→ Abbildung 1,<br />
S. 68); bei Paaren mit Kindern ist dieser Unterschied<br />
noch ausgeprägter. Damit gehört Deutschland im<br />
europäischen Vergleich zu den Ländern, in denen<br />
sich die wöchentlichen Arbeitszeiten von Frauen<br />
und Männern in Paarbeziehungen besonders stark<br />
unterscheiden. Nur in Italien und Malta sind die<br />
Unterschiede noch größer (Hipp/Leuze 2015).<br />
»In Deutschland<br />
unterscheiden<br />
sich wöchentliche<br />
Arbeitszeiten in<br />
Paarbeziehungen<br />
besonders stark.«<br />
Die ungleiche Verteilung von bezahlter Arbeit<br />
zwischen Männern und Frauen spiegelt sich auch<br />
in der ungleichen Verteilung unbezahlter Arbeit<br />
wider. Die aktuellen Daten der deutschen Zeitverwendungsstudie<br />
zeigen, dass Männer in Deutschland<br />
im Schnitt rund 19 und Frauen rund 29<br />
Stunden pro Woche für Haus- und Familienarbeit<br />
aufbringen; betrachtet man nur Eltern, vergrößert<br />
sich der durchschnittliche Unterschied auf mehr als<br />
18 Wochenstunden (Destatis 2015a).<br />
Auch hinsichtlich der Frage, wer aufgrund<br />
von Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen<br />
aus dem Erwerbsleben aussteigt, zeigen<br />
sich weiterhin große Unterschiede zwischen den<br />
Geschlechtern (Hipp/Molitor 2016). Insgesamt<br />
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