Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Perspektiven<br />
»WIR MÜSSEN DEN<br />
SOZIALEN ASPEKT<br />
DER ARBEIT NEU<br />
DENKEN«<br />
Der digitale Strukturwandel birgt enorme Herausforderungen, aber<br />
auch Chancen. Die Art, wie wir arbeiten, verändert unser Zusammenleben.<br />
Sie kann Demokratie und Gesellschaft in ihren Grundfesten<br />
erschüttern, aber auch zu einer Neuerfindung des Sozialen<br />
führen. Der amerikanische Soziologe und Historiker Richard Sennett<br />
über Entwicklungstrends und Gestaltungschancen der Zukunft der<br />
Arbeit.<br />
Frage: Welche Trends und Entwicklungen<br />
werden aus Ihrer Sicht den größten Einfluss auf<br />
die Zukunft der Arbeit haben?<br />
Sennett: In Westeuropa ist der wichtigste Trend<br />
hinsichtlich der Zukunft der Arbeit, dass die<br />
Mitte des Arbeitsmarktes immer kleiner werden<br />
wird. Betroffen von diesem Trend sind Dienstleistungen,<br />
die weder von Hochqualifizierten noch<br />
von körperlich arbeitenden Geringqualifizierten<br />
erbracht werden. Vielmehr geht es um Büroarbeit.<br />
Ich rechne damit, dass diese Tätigkeiten entweder<br />
in Niedriglohnländer, zum Beispiel nach Fernost,<br />
verlagert werden oder dass sie aufgrund des technologischen<br />
Fortschritts wegfallen. Diese beiden<br />
Trends lassen sich bereits heute stellenweise beobachten:<br />
Die Mitte des Arbeitsmarktes wird einen<br />
immer kleineren Teil des Kuchens ausmachen.<br />
Sie läuten also nicht allgemein das Ende der<br />
Arbeit ein?<br />
Spracherkennungssoftware und interaktive<br />
Dienst leistungssoftware entwickeln sich weiter.<br />
Dadurch werden viele Kundendienstleistungen<br />
wegfallen. Zum Beispiel wird es in Zukunft höchstwahrscheinlich<br />
nur sehr wenige Banken geben, die<br />
noch Kundenabteilungen mit Mitarbeitern haben<br />
werden. Diese Tätigkeiten werden verschwinden.<br />
Allerdings gibt es auch Dienstleistungen, die nicht<br />
der Digitalisierung zum Opfer fallen werden.<br />
Hier denke ich zum Beispiel an den Gesundheitsbereich.<br />
Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass es<br />
keinen Zusammenhang zwischen der Digitalisierung<br />
und den Beschäftigungszahlen gibt. Diese<br />
Branche digitalisiert sich, aber gleichzeitig wird<br />
auch mehr eingestellt. Diese Arbeitsplätze sind<br />
also sicher. Die Alterung der Gesellschaft wird<br />
auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.<br />
Die Betreuung älterer Menschen wird sich nicht<br />
durch einen größeren Einsatz von Computern<br />
bewerkstelligen lassen. Gleichzeitig gehe ich davon<br />
aus, dass einfache Tätigkeiten im öffentlichen<br />
Dienst in Zukunft von Maschinen erledigt werden,<br />
denn häufig beschränkt sich die Arbeit in diesem<br />
Bereich auf die Verwaltung von Daten.<br />
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