Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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Analysen<br />
zeit zu arbeiten und auf Optionen zu verzichten.<br />
Allerdings haben einzelne »Pionierinnen« unter<br />
günstigen Umständen für sich die Nutzung von<br />
Arbeitszeitoptionen erstritten.<br />
ARBEITSORGANISATION<br />
Da durch die Nutzung von Arbeitszeitoptionen<br />
Fehlzeiten entstehen, müssen Aufgaben im<br />
Betrieb häufig umverteilt werden. Hier sind die<br />
Größe des Teams und die gegenseitige Vertretbarkeit<br />
im Hinblick auf die Qualifikationen wichtige<br />
Bedingungen. Wenn die Qualifikationen sich<br />
ähneln, ist eine Vertretung innerhalb des Teams<br />
sachlich möglich. (Sie kann aber an die Grenzen<br />
der Belastung führen, wenn die Personalausstattung<br />
zu knapp ist.) Die Nutzung von Arbeitszeitoptionen<br />
wird im Team nur dann akzeptiert,<br />
wenn es eine arbeitsorganisatorische Reaktion der<br />
Führungskräfte auf die ausfallende Arbeitszeit<br />
gibt. Das heißt, wenn Arbeitsaufgaben angepasst<br />
(einige reduziert oder verschoben, andere priorisiert)<br />
werden oder wenn zusätzliches Personal zur<br />
Vertretung eingesetzt wird.<br />
Eine Arbeitsorganisation dagegen, die auf<br />
Spezialistentum aufbaut, bei der also Tätigkeitsbereiche<br />
mit großer Verantwortung mit nur einer<br />
Person besetzt sind, ist mit besonders großen Barrieren<br />
für die Nutzung von Arbeitszeitoptionen<br />
verbunden. Nicht selten verzichten Spezialisten<br />
beiderlei Geschlechts auf die Inanspruchnahme.<br />
Wenn diese Beschäftigten eine Arbeitszeitoption<br />
nutzen, gleichen sie die ausfallende Arbeitszeit so<br />
gut wie möglich selbst aus (Arbeitsverdichtung<br />
und unbezahlte Mehrarbeit der Teilzeitbeschäftigten,<br />
Vor- und Nacharbeiten für die Elternzeit).<br />
Akzeptieren jedoch die Betriebe den Bedarf an<br />
der Nutzung von Arbeitszeitoptionen, werden<br />
kreativ neue arbeitsorganisatorische Lösungen<br />
gefunden (Tandems ähnlich Qualifizierter, Vertretung<br />
nach unten und oben in der Hierarchie,<br />
Vertretungskaskaden).<br />
PERSONALAUSSTATTUNG<br />
Von der Personalausstattung hängt es ab,<br />
ob personelle Lücken wegen Teilzeit, Elternzeit,<br />
Freistellung auch ohne gesondertes Vertretungspersonal<br />
aufgefangen werden können. Sind in der<br />
Personalausstattung Ausfälle einkalkuliert und<br />
Reserven eingeplant, fällt die arbeitsorganisatorische<br />
Umsetzung leichter. Personalmangel, der eine<br />
Vertretung der Fehlenden erschwert oder unmöglich<br />
macht, führt auch zu Entsolidarisierung<br />
zwischen den Beschäftigten. In dieser Situation<br />
zeigen sich mangelnde Akzeptanz von Arbeitszeitoptionen<br />
sowie Abwertung von Frauen (»Teilzeitschlampen«).<br />
Besonders stark behindern die<br />
Personalengpässe bei der Polizei und in der Krankenpflege<br />
die Nutzung von Arbeitszeitoptionen.<br />
»Personalmangel,<br />
der eine Vertretung<br />
von Fehlenden<br />
erschwert, führt zur<br />
Entsolidarisierung der<br />
Beschäftigten.«<br />
Die angespannte Personalsituation führt dazu,<br />
dass die Nutzung von Arbeitszeitoptionen nicht als<br />
gleichrangiger Anspruch wie Urlaub, Fehlen wegen<br />
Krankheit oder Zeitausgleich für Überstunden<br />
behandelt wird. Es zeigt sich eine Konkurrenz der<br />
Ansprüche. Die Nutzung von Arbeitszeitoptionen<br />
für die Familienphase wird nur akzeptiert, wenn<br />
zugleich die Interessen anderer Mitarbeitenden<br />
gewahrt bleiben. Vor allem die stärker von Frauen<br />
genutzten familienbezogenen Arbeitszeitoptionen<br />
werden als Gefährdung für die Bedarfe anderer<br />
Kollegen (selten Kolleginnen) wahrgenommen.<br />
Dies gilt für den Überstundenabbau sowie für<br />
die Normalisierung der Arbeitszeit nach langjähriger<br />
Schichtarbeit. Langjährig Schicht-Beschäftigte<br />
müssen die Schichtarbeit nicht selten aus<br />
Gesundheitsgründen aufgeben. Sie konkurrieren<br />
mit Teilzeitbeschäftigten um Tagesarbeitsplätze.<br />
Hier kann es sogar zu einem Streit der Generationen<br />
kommen. Geregelte Ausstiegswege aus der<br />
Schichtarbeit dürften daher auch für die Akzeptanz<br />
familienbezogener Arbeitszeitoptionen zentral<br />
sein.<br />
ARBEITEN 4.0 WERKHEFT 02 SEITE 85