Diskurslage erweiterte Dialogprozesses Veränderungen
BMAS_Werkheft-2
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"<br />
Die Fuhrungskraft in der vernetzten<br />
Welt erteilt nicht mehr Weisungen<br />
im klassischen Sinn, sondern<br />
gibt Richtungen vor."<br />
Birgit Isenmann<br />
KREATIVITÄT BRAUCHT<br />
SPIELRAUM<br />
Die Bosch-Gruppe hat den Anspruch, ein weltweit<br />
führender Anbieter im Internet der Dinge zu<br />
werden. Ziel ist es, alle elektronischen Bosch-Produkte<br />
internetfähig zu machen. Dadurch können<br />
die Produkte gegenseitig Informationen austauschen<br />
und damit neue Möglichkeiten für zusätzliche<br />
Services und Geschäftsmodelle schaffen.<br />
Diese zunehmende Vernetzung wird das Umfeld<br />
erheblich verändern. In der vernetzten Welt kann<br />
man nicht weiter auf das »Abarbeiten« eines Plans<br />
setzen. Vielmehr ist es erforderlich, sich schnell auf<br />
sich ändernde Rahmenbedingungen einstellen zu<br />
können. Dabei wird vieles komplexer und weniger<br />
vorhersehbar.<br />
Für Bosch bedeutet dies, dass ein deutlicher<br />
Auf- und Ausbau von Softwarekompetenzen<br />
erfolgen muss. Die dafür erforderliche Akquise<br />
von IT-Spezialistinnen und IT-Spezialisten wird<br />
jedoch nur erfolgreich sein, wenn man für diese<br />
Berufsgruppe als Arbeitgeber attraktive Beschäftigungsbedingungen<br />
und eine kreativitätsfördernde<br />
Unternehmenskultur bieten kann. Neue Ideen zur<br />
Vernetzung von Erzeugnissen und datenbasierten<br />
Dienstleistungen erfordern ein hohes Innovationspotenzial<br />
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />
Dieses Potenzial lässt sich nicht vom Vorgesetzten<br />
verordnen und in einen klassischen Arbeitstag von<br />
8 Uhr bis 16 Uhr zwängen. Kreativität braucht Freiraum,<br />
sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher<br />
Hinsicht. So entstehen heute schon die meisten<br />
Ideen im privaten Umfeld und nicht im Büro. Starre<br />
Regelungen zu Arbeitszeit und Arbeitsort werden<br />
diesen Bedürfnissen nicht gerecht.<br />
Führungskräfte unterstützen die Kreativität<br />
der Mitarbeiter dann, wenn sie diese für die Aufgaben<br />
begeistern, ihnen ein hohes Maß an Selbstverantwortung<br />
geben und dabei als Coach und<br />
Partnerin bzw. Partner zur Verfügung stehen. Die<br />
Führungskraft in der vernetzten Welt erteilt nicht<br />
mehr Weisungen im klassischen Sinn, sondern sie<br />
gibt eine Richtung vor.<br />
Auch die Art der Zusammenarbeit wird sich verändern.<br />
Teams werden interdisziplinärer arbeiten,<br />
sie werden verstärkt auf externe Spezialistinnen<br />
und Spezialisten angewiesen sein. Die im Arbeitsrecht<br />
vorgesehene Abgrenzung zwischen eigenen<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, freien<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern anderer Unternehmen<br />
verschwimmt in der betrieblichen Praxis<br />
zunehmend.<br />
Die Gestaltung dieses Wandels birgt viele<br />
Herausforderungen, bietet aber auch sehr viele<br />
Chancen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
müssen zum sorgsamen Umgang mit der Selbstverantwortung<br />
befähigt werden. Wir haben bei<br />
Bosch neben einer Vereinbarung zum mobilen<br />
Arbeiten auch eine Vereinbarung zur Förderung<br />
der psychischen Gesundheit abgeschlossen, um<br />
psychische Belastungen frühzeitig zu erkennen,<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Führungskräfte<br />
dafür zu sensibilisieren sowie integrierte<br />
Hilfsangebote bereitzustellen. Dabei spielt der<br />
Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiterin<br />
bzw. Mitarbeiter sowie der Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter untereinander eine wichtige Rolle.<br />
Die für diesen Dialog erforderlichen Spielregeln,<br />
aufgrund derer ein angemessener Ausgleich der<br />
Unternehmens- und Mitarbeiterinteressen erzielt<br />
werden soll, können am besten durch die Sozialpartner<br />
gestaltet werden.<br />
Der Gesetzgeber sollte einen rechtlichen<br />
Rahmen schaffen, der genügend Spielraum für die<br />
Ausgestaltung durch die Sozialpartner bietet.<br />
Birgit Isenmann ist als Arbeitsrechtsjuristin im Bosch Konzern<br />
beschäftigt und verfügt über langjährige Erfahrung in der<br />
Gestaltung von Beschäftigungsbedingungen. Sie befasst sich mit<br />
den Herausforderungen der Digitalisierung und Industrie 4.0 für<br />
Arbeitswelt und Beschäftigungsbedingungen.<br />
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