Die Luzemer Pfarreien und Landvogteien
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26 DIE LUZERNER PFARREIEN UND LANDVOGTEIEN<br />
ren <strong>und</strong> deshalb dem Rat gehorsam sein mußten.i"^ Das Heß, wie wir konkret<br />
gesehen haben, dem Rate manche Einwirkungsmöglichkeit offen. Sichtbar machen<br />
konnten wir eben seine Schiedsrichtertätigkeit, den Bezug freiwilliger Steuern,<br />
die Ausübung des Mannschaftsrechts <strong>und</strong> des damit verb<strong>und</strong>enen Steuerrechts,<br />
die Aufsicht über die allgemeine Polizei <strong>und</strong> das Straßenwesen sowie<br />
das Aufgebot zu den B<strong>und</strong>schwüren. Unangetastet heß er hingegen den fiskalischen<br />
Bereich der Umsatzsteuern <strong>und</strong> der Bußen. <strong>Die</strong> Eigentümer der Vogteilehen<br />
wurden so im Gr<strong>und</strong>e genommen in ihren privaten Herrschaftsbereich bis<br />
zu emem gewissen Grade in ähnlicher Weise <strong>Luzemer</strong> Vögte, wie die vom Rate<br />
entsandten Vögte in den Vogteien, die der Stadt selbst gehörten. Das war bei<br />
allen vier Herrschaften insbesondere nach 1415 der Fall, als Luzern sich als<br />
Nachfolger der österreichischen Herrschaft fühlte <strong>und</strong> sich die Oberlehensherrlichkeit<br />
zulegte, um auf diesem Wege seine Landeshoheit zur Geltung zu bringen.<br />
Im Unterschied zu den Vögten in den stadteigenen Vogteien waren sie<br />
nicht gehalten, dem Rate über ihre Vogteiverwaltung - Einkünfte <strong>und</strong> Ausgaben<br />
- Rechenschaft abzulegen. Und während Luzern mit der Zeit regelmäßig<br />
seine Vögte auswechselte, vermutlich um die Ausübung der Vogtei nicht zum<br />
Gewohnheitsrecht werden zu lassen, blieben sie als Vögte unangefochten.<br />
<strong>Die</strong>se vier Fälle zeigen sehr eindrücklich, daß bei der Ausdehnung der Landeshoheit<br />
das Recht des Stärkeren maßgebend war <strong>und</strong> daß Luzern jede Möglichkeit<br />
ausnützte, um seine Herrschaftsgewalt durchzusetzen. <strong>Die</strong> Stellung der<br />
Vogteibesitzer wurde unter dem Drucke der Stadt immer mehr ausgehöhlt, so<br />
daß sie schließlich das Interesse an den Rechten, welche immer mehr relativiert<br />
wurden, verloren <strong>und</strong> die Vogteien an Luzern verkauften.<br />
Seit dem ausgehenden 15. Jahrh<strong>und</strong>ert gab es auf der Luzerner Landschaft nur<br />
noch zwei Gebiete, in denen die Stadt selbst oder als Kastvogt nicht über die<br />
hohe Gerichtsbarkeit verfügte. Es waren dies die beiden Kleinstädte Sursee <strong>und</strong><br />
Sempach. In Sempach gebot der Luzerner Rat aufgr<strong>und</strong> des Burgrechts <strong>und</strong> in<br />
Sursee aufgr<strong>und</strong> des Übergabevertrags von 1415. In beiden Städten trat Luzern<br />
in jene Rechte ein, welche Österreich ausgeübt hatte. *"* Wie diese Rechte aussahen,<br />
wußte Luzern z. B. im Falle von Sursee nicht. Deshalb erhielt Ulrich von<br />
Lütishofen Ende 1416 den Auftrag, in Erfahrung zu bringen, welches diese<br />
Rechte waren <strong>und</strong> wie Bern seine Städte behandle.^"^ <strong>Die</strong> Auskunft lautete:<br />
Setzten die Surseer einen Schultheiß, so führten sie ihn vor den österreichischen<br />
Landvogt. <strong>Die</strong>sem hatte er zu Händen der Herzoge den Eid zu leisten.i"^ 1421<br />
scheint die Wahl eines neuen Schultheißen erstmals aktuell gewesen zu sein.<br />
Im Eid, den er in Luzern abzulegen hatte, wurde dem Surseer Schultheißen aufgetragen,<br />
im Namen Luzerns zu richten, jedermann ein gerechter Richter zu sein<br />
<strong>und</strong> dem Luzerner Rat als dem Vertreter des Heiligen Römischen Reiches ge-<br />
103 R. Bättig, Das Bürgerrecht der Stadt Luzem (1252-1798). In: Geschichtsfre<strong>und</strong> 77 (1922),<br />
S. 19ff.<br />
"" Segesser2, S. 225ff.<br />
105 Ratsprotokoll 3, 15r.<br />
lö« RatsprotokoU 3, 15v, 22v. ... „>.